Sammelbecken für heimatlose Konservative

Die DSU spürt im Osten Aufwind. Zu den Neuzugängen könnte bald auch Ex-CDU-Rechtsausleger Nitzsche gehören

DRESDEN taz ■ Beim Neujahrsempfang der Deutschen Sozialen Union (DSU) in Leipzig war ein avisierter Gast nicht anwesend und doch im Gespräch. Der Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche, als Rechtsabbieger im Dezember aus der CDU ausgetreten, könnte bald der DSU beitreten. Ihr gehörte er bis 1993 schon einmal an. „Man trifft sich im Leben immer zweimal“, orakelte der Bundesvorsitzende Roberto Rink. Wie er glaubt auch der sächsische Landeschef Karl-Heinz Obser, dass Nitzsche kommt. „Wir stehen in guter Verbindung.“ Nitzsche war bereits Gast des Neujahrsempfangs des DSU-Kreisverbands in seiner Lausitzer Heimatregion und wird dort am 9. Februar zum Thema „Flagge zeigen für Deutschland“ reden.

Ein Mitarbeiter seines Berliner Büros bestätigt zwar zahlreiche „Netzwerktätigkeiten“ Nitzsches, nachdem mehrere Organisationen an ihn herangetreten seien. Ein bevorstehender DSU-Beitritt wird aber dementiert. Es gebe auch keine NPD-Kontakte. In DSU-Kreisen wird dagegen argumentiert, Nitzsche könne als Einzelkämpfer nicht bestehen und müsse auch seinen gleichfalls aus der CDU ausgetretenen etwa 30 Gefolgsleuten bald eine neue politische Heimat bieten.

Die verschlafene DSU mit ihren etwa 1.000 Mitgliedern und 80 Kommunalmandaten vor allem in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt spürt unverhofften Aufwind. Das liegt kaum am wiedererwachten Elan der Gründergeneration aus der Zeit des DDR-Untergangs. Die Herren mit den schwarzrotgoldenen Krawatten sehen eher aus wie Relikte aus der Kaiserzeit. Potenzielle Beitreter wie Nitzsche, bereits erfolgte Über- und Neueintritte lassen aber die DSU immer mehr als Sammelbecken bürgerlich-rechter Kräfte schillern.

Die DSU sieht einen Linksruck bei der CDU und spekuliert auf deren erzkonservative Mitglieder und Wähler. Sie hat ihre Wurzeln in den Jahren 1989/90, als man sich im Gegensatz zur Blockpartei CDU als die wahrhaft konservativ-revolutionäre Kraft in der DDR verstand. Die DSU entstand als Zusammenschluss mehrerer christlich-patriotischer Gruppen und Schwesterpartei der bayerischen CSU.

Auch vom rechten Rand erhält die DSU Verstärkung, so im November vom ehemaligen NPD-Landtagsabgeordneten Klaus Baier. Auffällig sind die Aktivitäten seines persönlichen Mitarbeiters Jürgen Krumpholz. Der frühere Gründer des NPD-Kreisverbands Görlitz wirkt in der sonst eher an einen Kleingartenverein erinnernden Partei äußerst agil; schon nach wenigen Wochen lobt Bundeschef Rink ihn als „richtigen Parteiarbeiter“.

Von den „Republikanern“ in Chemnitz kam Stadtrat Martin Kohlmann. Zwischen den zersplitterten Reps in Sachsen und der DSU bestehen ohnehin enge Kontakte. DSU-Landeschef Obser wird zur Neugründung des Kreisverbandes Leipzig der Reps am 3. Februar reden. Die DSU propagierte am 3. Oktober ein „Bündnis für Sachsen“ mit offenen Listen und will damit 2009 in den Landtag einziehen. Am selben Tag war sie in Leipzig auf einem deutschlandweiten Treffen von 13 Splitterparteien des nationalkonservativen Spektrums vertreten. Wortführer ist Johannes Hertrampf aus Dresden, früher Landesvize der DVU in Sachsen und dann bei der Freiheitlichen Partei Deutschlands.

Der Verfassungsschutz betont, dass er weder diese „Plattform Leipzig“ noch die DSU beobachtet. Linke Kreise vermuten dennoch eine gesteuerte Aktion. Neben der NPD solle ein zweites bürgerlich-nationalistisches Bündnis etabliert werden, das die NPD unter die Fünfprozenthürde drückt, selbst aber diese Schwelle auch nicht überspringen kann. MICHAEL BARTSCH