tiken jah fakoly

Mitunter kann Musik lebensgefährlich sein. Auf den Kopf von Tiken Jah Fakoly, so sagen Gerüchte, sei eine Prämie ausgelobt. Auftragskiller warten auf den Reggaestar, sollte er versuchen, zurück in seine Heimat Elfenbeinküste zu reisen. Seit vier Jahren lebt und arbeitet er im benachbarten Mali. Trotzdem – oder gerade deshalb – verkaufen sich die Alben des 37-Jährigen in Westafrika jeweils eine halbe Million Mal. Aber es ist weniger der sanft rollende Offbeat, der Fakoly zum Megastar gemacht hat. Es sind die Texte seiner Songs, mal Französisch, mal in Dioula, der am weitesten verbreiteten Sprache der Elfenbeinküste, mit denen er zum Volkshelden wurde und zur Zielscheibe der Machthaber. Den Anfang machte 1996 „Mangercratie“, in dem er das damalige Regime unter Henri Konan Bédié angriff, das die Elfenbeinküste unter einem demokratischen Deckmäntelchen ausplünderte. Sie wurde zum Evergreen und Fakoly neben Alpha Blondy zur festen Größe der Musikszene der Elfenbeinküste. Den Rechtlosen eine Stimme zu geben, sagt er, sei ihm längst Verpflichtung geworden. Auch sein Gang ins Exil 2002, hat ihn nicht verstummen lassen. Stattdessen wagte es Fakoly sogar, Félix Houphouët-Boigny, den verehrten Gründungsvater und von 1960 bis 1993 autokratisch herrschenden Präsidenten des Landes, zu kritisieren. Einen guten Überblick über das Schaffen von Fakoly, der aus einer Griot-Familie stammt, bietet die neueste Veröffentlichung für den hiesigen Markt, die schlicht „Tiken Jah Fakoly“ betitelt ist: Darin findet sich zum einen eine Live-DVD, die einen Auftritt aus dem vergangenen Jahr beim Festival Bout du Monde in der Bretagne dokumentiert, zum anderen eine CD mit Songs der letzten beiden regulären Alben „Francafrique“ und „Coup de Gueule“, auf denen Fakoly seinen klassischen Roots Reggae vorsichtig mit afrikanischen Einflüssen anreichert, aber vor allem weiter tapfer alle verfügbaren Missstände anklagt: In „Tonton d’America“ attackiert er die USA und den eigennützigen Einfluss, den sie in der Region nehmen, in „Quitte le pouvoir“ fordert er den an der Macht klebenden Laurent Gbagbo, dessen Politik für die aktuelle Teilung der Elfenbeinküste mitverantwortlich ist, zum Rücktritt auf, in „Kuma“ kritisiert er religiöse Heuchelei. THOMAS WINKLER