Privatisierung: Neues Angebot für Heuschrecken

Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte darf zum letzten Mal Wohnungen verkaufen. Der Mieterverein befürchtet, dass private Investoren zugreifen.

Zugreifen! Frische Häuser in Mitte sind auf dem Markt Bild: ap

Der geplante Verkauf von 3.100 landeseigenen Wohnungen stößt auf Kritik: "Ich sag nur: Heuschrecken", sagt der Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins Hartmann Vetter. Er befürchtet, dass öffentliche Wohnungsbaugesellschaften den geforderten Kaufpreis nicht aufbringen und die Wohnungen folglich an private Investoren, genannt Heuschrecken, gehen könnten. Solche Verkäufe seien fast immer mit höheren Mieten verbunden, so Vetter.

Der Senat hatte im vergangenen Jahr genehmigt, dass die verschuldete Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) ausnahmsweise noch einmal 3.100 Wohnungen verkaufen darf. Eigentlich wollte der rot-rote Senat den Bestand nicht noch weiter dezimieren. In den vergangenen fünf Jahren hat das Land bereits über 100.000 Wohnungen verkauft - ein Drittel des Gesamtbestandes.

Der scheibchenweise Wohnungsverkauf bei der WBM sei bedenklich, sagte der wohnungspolitische Sprecher der Grünen, Andreas Otto. "In zehn Jahren brauchen wir diese Wohnungen vielleicht für sozial Bedürftige." Die Vergabe öffentlichen Wohnraums an Menschen mit niedrigem Einkommen sei ein Mittel, um eine gewisse soziale Mischung in den Wohnvierteln zu erhalten. In Mitte hätten bereits ähnliche Prozesse eingesetzt wie im Prenzlauer Berg. Dort hat in den vergangenen Jahren ein fast kompletter Bevölkerungsausstauch stattgefunden und den Stadteil in ein Mittelschichtsghetto verwandelt.

Bei der WBM zerstreut man solche Befürchtung: "Wir schauen auf unsere Mieter. Unser Ziel ist es, mit städtischen Wohnungsbauunternehmen ins Geschäft zu kommen", bekräftigt Sprecherin Steffi Piontek. Man habe die Pakete extra so geschnürt, dass sie für die angrenzenden Wohnungsbaugesellschaften interessant seien. Derzeit werden die Unterlagen an alle sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften versandt. Bis Ende 2007 soll das Geschäft abgeschlossen sein. Dann sollen auch keine weiteren Verkäufe folgen, erklärte Pieontek.

Die Wohnungen seien allesamt in attraktiven Wohnlagen. Zum verlangten Kaufpreis könne sie keine Angaben machen, außer, dass er hoch genug sein müsse, um die WBM wieder auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Sollten die städtischen Unternehmen die geforderte Summe nicht aufbringen, käme man auch mit privaten Investoren ins Geschäft. "Wir können die Sanierung nicht gefährden."

In diesem Fall ist der Konflikt mit dem Eigentümer, dem Land Berlin, vorprogrammiert. Verkauft werden dürfe ausschließlich an städtische Wohnungsbaugesellschaften, sagt der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, Carl Wechselberg: "Mit dieser Koalition wird es eine Privatisierung öffentlicher Wohnungen nicht geben."

Nach Angaben des Rings Deutscher Immobilinmakler werden für Mietwohungen mit gutem Wohnwert derzeit 700 bis 1.150 Euro pro Quadratmeter auf dem freien Markt erzielt. "Die Preise sind im Keller, aber das wird sich ändern, gerade in Berlin", sagt Sprecherin Michalina Jock. Gerade Altbauten seien ein Renner. Dazu zählen laut WBM aber höchsten 10 Prozent der ausgeschriebenen Wohnungen.

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