Paralympics: Kicker treffen blind

Am Brandenburger Tor zeigen behinderte Leistungssportler ihre Tricks - und Besucher üben, wie man blind Fußball spielt. Die Veranstaltung wirbt für die Paralympics in Peking.

Berliner trainieren für die Paralympics nächstes Jahr in Peking. Bild: DPA

Die Fans am Kleinfeld feiern jede gelungene Aktion. Immer wieder jubelt das Publikum, erstaunt über die feinen Tricks der Spieler. Doch es hilft nichts: Deutschland verliert 0:5 im Blindenfußball gegen Spanien. Nicht alle Sportler jubeln über die Unterstützung. "Es klingt paradox - aber mehr Zuschauer bedeuten mehr Lärm, und dann bekommen wir Spieler Probleme, den Ball überhaupt zu hören", erklärt Gerd Franzka, Spieler der Deutschen. Über die "klasse Stimmung" freue er sich trotzdem.

Es war das erste Länderspiel der Fußballer der deutschen Blindennationalmannschaft überhaupt, und am Ende gönnten ihnen selbst die spanischen Fans den Ehrentreffer. Die Spieler orientieren sich nur nach Gehör. Dafür gibt es einen eigens angefertigten Ball, der schwerer als der normale ist und bei jeder Berührung rasselt. Zudem hat jede Mannschaft Spielbetreuer, die den je zwei Spielern zurufen, wo sie hinspielen und -laufen müssen. Absprache ist gefragt.

Doch nicht nur Blindenfußball wird dem Publikum beim Internationalen Paralympic Day 2007 am Brandenburger Tor geboten. Berliner und Touristen, Alte und Junge können Tischtennis, Basketball und Volleyball spielen oder einen Hindernisparcour für Blinde ablaufen. Die Veranstaltung soll einen Vorgeschmack auf die Paralympics 2008 in Peking geben. Organisiert wird sie vom Internationalen Paralympischen Komitee.

Der Pariser Platz wirkt wie eine Mischung aus Sport- und Rummelplatz. Mehrere tausend Besucher schieben sich an den provisorischen Sportstätten vorbei. Das Angebot wird neugierig - und spielerisch - angenommen. An den meisten Ständen bilden sich Schlangen. Zudem gibt es Show-Veranstaltungen und Wettkämpfe von international erfolgreichen Athleten. Dass die meisten Athleten körperlich oder geistig gehandicapt sind, fällt nicht auf, so gut sind die Leistungen.

"Die Veranstaltung soll die Menschen für den Behindertensport sensibilisieren und ihnen zeigen, wozu Menschen mit Einschränkungen in der Lage sind", sagt Klaas Brose, Geschäftsführer des Behinderten-Sportverbands Berlin. Das Konzept geht auf. Besonders am Schießstand - bei dem mit einem elektronischen Gewehr auf einen Bildschirm geschossen wird - tummeln sich Menschen. "Je näher sie an der Mitte sind, desto schriller wird der Ton", erklärt eine Anweiserin das Blindenschießen. Auch das Rollstuhlfahren erweist sich für viele "Gesunde" als Herausforderung. "Ich dachte nicht, dass Lenken so schwierig ist", sagt die verwunderte Schülerin Jessica Garbe.

Dass es auch sehr grazil aussehen kann, demonstriert die etwas seltsam anmutende Begegnung der deutschen Jugendnationalmannschaft mit dem Auswahlteam der Chinesinnen. Mit schönen Spielzügen und viel Tempo trumpfen die deutschen Jungs auf. "Ich finde den Behindertensport einfach toll. Die Paralympics schaue ich mir immer im Fernsehen an", erzählt Elfriede Burgauer. "Vor allem die Leichtathletikwettbewerbe." Die Münchenerin macht in Berlin Urlaub und hat durch Zufall von der Veranstaltung erfahren. Sie ist spontan mit Tochter und Enkelin vorbeigekommen. Dann verrät sie ihre Geschichte: Unter ihrem Mädchennamen Butz startete sie für Deutschland im 100-m-Lauf bei den Europameisterschaften der Leichtathletik 1954 in Bern.

Nicht nur Sport steht an diesem Nachmittag auf dem Programm. Auch die musikalische Unterhaltung ist ungewöhnlich. Eine Gruppe junger Männer trommelt erst auf Mülltonnen, dann auf Fahrrädern. Dem Publikum gefällts. "Ich hoffe", sagt Klaas Brose, "dass dieser Tag die Berliner auf den Geschmack gebracht hat und dass sie sich solche Sportveranstaltungen öfters angucken werden. Denn Zuschauer sind die beste Motivation." Und beim nächsten Mal treffen dann auch die Blindenfußballer ins Schwarze.

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