Justizgebaren: "Ein Versuch der Einschüchterung"

Der Fall Andrej H. weitet sich aus. Interview mit dessen Rechtsanwältin Christina Clemm.

taz: Frau Clemm, am Sonntag wurde erneut die Wohnung des Berliner Soziologen Andrej H. durchsucht. Worauf hatten es die Ermittler des Bundeskriminalamts abgesehen?

Christina Clemm: Sie behaupteten, es gebe neues Beweismaterial gegen meinen Mandanten, und zwar in einer schwarzen Tüte.

Gab es diese schwarze Tüte wirklich?

Ja. Darin befanden sich allerdings nur die Akten, die H. zur Durchsicht bei sich zu Hause hatte.

Das BKA sucht auf Anweisung der Bundesanwaltschaft Ermittlungsakten, die diese Behörde selbst verfasst hat?

Ja. Ich kann mir das nur als weiteren Versuch der Einschüchterung in diesem Verfahren erklären. Durch die anhaltende Telefonüberwachung haben sie offenbar mitbekommen, dass es am Sonntagabend ein Treffen zwischen meinem Mandanten und den Anwälten geben sollte. Eine größere Beschränkung der Verteidigerarbeit kann ich mir nicht vorstellen.

Haben die Beamten die Akten mitgenommen?

Nein. Aber sie haben die Akten tatsächlich noch einmal durchgesehen. Ich weiß nicht, ob sie sie mitgenommen hätten, wenn mein Mandant an irgendeiner Stelle etwas markiert hätte.

Was war die Rechtsgrundlage dieser Durchsuchung?

Es gab für die Durchsuchung am Sonntag nicht einmal einen Durchsuchungsbefehl. Sie haben zwar behauptet, dass es einen solchen gebe, konnten ihn mir aber auf Anfrage nicht vorlegen.

Die Grünen sagen, Generalbundesanwältin Monika Harms stehe in dem Verfahren mit dem Rücken zur Wand.

Das sehe ich genauso. Offenbar braucht sie dringend Material, um ihre Beschwerde gegen die Haftverschonung zu begründen.

Wann wird über die Beschwerde entschieden?

Voraussichtlich in dieser Woche. Einen Antrag, die Haftverschonung bis zur Entscheidung der Beschwerde wieder aufzuheben, hat der Bundesgerichtshof aber bereits abgelehnt.

Der Ermittlungsrichter hat aber auch gesagt, dass der dringende Tatverdacht gegen Ihren Mandanten fortbesteht.

Das stimmt. Er hat den Haftbefehl nicht aufgehoben. Er war der Ansicht, dass der Fluchtgefahr mit milderen Mitteln als der Untersuchungshaft begegnet werden kann.

Kann es sein, dass der Haftbefehl diese Woche aufgehoben wird?

Das könnte der zuständige Senat entscheiden. Genau darum geht es.

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