Die instinktlose Justizsenatorin

Gisela von der Aue wird die Ankündigung stärkerer Kontrollen in den Gefängnissen nicht leichtgefallen sein: Schließlich belegt sie, dass sie den Fall völlig falsch eingeschätzt hat.

Über Berlins Knästen herrscht offenbar ein so reger Flugverkehr, dass die Häftlinge die Sonne kaum mehr sehen: Tennisbälle, vollgestopft mit Heroin, hunderte Handys und gar ganze Aluminiumleitern fliegen über die Gefängnismauern. Senat und Polizei wollen sich jetzt die Lufthoheit wieder erkämpfen - mit mehr Sicherheitskräften auf beiden Seiten des Stacheldrahts. Justizsenatorin Gisela von der Aue wird diese Ankündigung gestern nicht leichtgefallen sein: Schließlich belegt sie, dass sie den Fall völlig falsch eingeschätzt hat.

Als die Drogenversorgung durch einen Fernsehbericht bekannt wurde, stellte sie sich als "Senatorin Fehlerlos" dar. Sie geißelte "verzerrende Schilderungen" der Medien und stellte im Übrigen fest, die Mitarbeiter der Anstalten leisteten tadellose Arbeit und das "Uraltproblem" sei seit jeher bekannt. Mit dieser - keinesfalls unter Drogeneinfluss getroffenen - Einschätzung stand von der Aue sogar in ihrer eigenen Partei ziemlich alleine da.

Sie belegt, dass es der Senatorin in entscheidenden Situationen an politischem Instinkt mangelt. Es mag ja sein, dass Drogenlieferungen in den Knast nicht weiter bemerkenswert sind. Es mag auch sein, dass über die Mauer geworfene Leitern kein Grund zur Aufregung sind. Beides erschließt sich dem Laien aber nicht auf Anhieb, müsste also detailliert erklärt werden - schließlich hat von der Aue die Probleme keinesfalls ignoriert. Statt ihre Sicht aber offensiv zu vertreten und die Vorfälle bekannt zu machen, hat von der Aue geschwiegen. Nach der gestrigen Krisensitzung musste sie zurückrudern - und sich selbst korrigieren. Eins haben die Tennisbälle jedenfalls bewirkt: Ab jetzt sitzt in der Landesregierung eine angeschossene Justizsenatorin.

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