Drogen im Knast: Abfangjägerin bezieht Posten

Nach dem Drogenskandal in der JVA Plötzensee verspricht Justizsenatorin von der Aue mehr Kontrollen auf beiden Seiten der Gefängnismauer. Opposition kritisiert "Verschleierungstaktik".

Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) hat gestern mehr Hofposten und eine häufigere Kontrolle der Hafträume in der Jugendvollzugsanstalt Plötzensee angekündigt. Diese Maßnahmen sind das Ergebnis eines sonntäglichen Krisentreffens der Justizsenatorin mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Polizeipräsident Dieter Glietsch. Gemeinsam wollen die Behörden nun den ausufernden Drogen- und Warenschmuggel in der Haftanstalt bekämpfen.

"Es wurde vereinbart, die Präsenz auf beiden Seiten der Gefängnismauern zu erhöhen", sagte Nicola Rothermel, Sprecherin des Innensenators. Dazu zählten unter anderem verstärkte offene und verdeckte Polizeimaßnahmen auf der Straßenseite der Justizvollzugsanstalt. Man habe konstruktiv diskutiert. Ein Rücktritt der Justizsenatorin sei bei dem Gespräch "absolut kein Thema" gewesen, sagte Rothermel. Von der Aue war letzte Woche massiv unter Druck geraten. Ein Fernsehbericht über organisierten Schmuggel in die Haftanstalt erregte die Öffentlichkeit. Auch aus der Justizvollzugsanstalt Tegel wurden Einzelheiten über ein durchorganisiertes "Drogenliefersystem" bekannt. Nachdem zudem ein vereitelter Fluchtversuch einer Sportgruppe im Mai aus Plötzensee mit einer über die Mauer geworfenen Aluminiumleiter öffentlich wurde, geriet von der Aue in Erklärungsnot.

Sebastian Kluckert, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, warf der Justizsenatorin am Freitag Verschleierungstaktik vor. Er nannte es "dreist", dass bei einem Besuch des Rechtsausschusses in der Jugendstrafanstalt Plötzensee im Mai 2007 den Parlamentariern die massiven Probleme der Anstalt verschwiegen wurden. Sven Rissmann, justizpolitischer Sprecher der CDU, ging noch weiter. In jedem anderen Bundesland hätte sich ein Justizminister in vergleichbarer Situation "wohl ernsthaft mit Rücktrittsgedanken auseinandergesetzt", erklärte der Oppositionspolitiker.

Rückendeckung bekommt die Senatorin von Fritz Felgentreu, dem Justizexperten der SPD. Von der Aue mache ihre Sache gut, betonte Felgentreu. Sie habe das Anbringen von "Mäusegittern" an den ohnehin dunklen Zellen gründlich geprüft, was für ihre Besonnenheit spräche. Auch mangelnde Transparenz könne man ihr nicht vorwerfen: Schon während des Moabiter Medikamentenskandals habe sie sich vorbildlich verhalten.

Nach Ansicht der Grünen ist von der Aues knapp zehnmonatige Amtszeit durch Skandale und Affären im Justizvollzug geprägt. Dazu zähle der im April aufgedeckte Medikamentenhandel in der JVA Moabit genauso wie die jüngsten Vorkommnisse in Plötzensee. Im Rechtsausschuss am Mittwoch will Fachsprecher Dirk Behrendt darum fragen: "Blühender Drogenhandel in Plötzensee mit freundlicher Genehmigung des Senats?"

Im Ausschuss wird sich von der Aue für ihr langsames Handeln rechtfertigen müssen. Selbst SPD-Landeschef Michael Müller äußerte Unverständnis dafür, dass das Anbringen neuer Gitter an den Zellenfenstern nicht vorangeht. Laut von der Aue liegt es an Lieferschwierigkeiten, dass die Gitter erst Anfang Oktober eingebaut werden könnten. In der Zwischenzeit, betonte sie, sei die Sicherheit im Gefängnis durch Videoüberwachung und Hofposten gewährleistet. Mit ein paar Wachmännern mehr ist es in den überfüllten, von Geld- und Personalmangel geplagten Gefängnissen nicht getan. Das wissen auch die Experten. Auf die Dauer, ließ Innensenator Körting mitteilen, würden nur "baulich-technische Maßnahmen" helfen. Wie diese aussehen könnten, soll am Mittwoch im Rechtsausschuss besprochen werden.

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