Knastschmuggel: Von der Aue im Kreuzverhör

Im Rechtsausschuss demontiert die Opposition die angeschlagene Justizsenatorin. CDU und FDP fordern erneut deren Rücktritt. Im Jugendknast werden die Kontrollen nun erheblich verschärft

Kritik von allen Seiten: Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) Bild: DPA

Die Vorkommnisse an den Mauern der Jugendstrafanstalt Plötzensee führen zu immer heftigeren Reaktionen. Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses griffen die Fraktionschefs von CDU, Grünen und FDP Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) scharf an. Die Senatorin, so der Kern ihrer Reden am Mittwoch, habe auf ganzer Linie versagt. Sie habe den Drogen- und Handyschmuggel in die JVA Plötzensee nicht unterbunden, obwohl sie seit Frühjahr davon wusste.

Die sichtbar angeschlagene Senatorin rechtfertigte ihre Verhalten fast wortgleich wie in den Vortagen: "Es ist vernünftig und sinnvoll auf das Problem reagiert worden." Damit lieferte sie den eigens zu der Sitzung eingerittenen Fraktionschefs der Opposition perfekte Steilvorlagen. "Ich bin einigermaßen erschüttert, was Sie heute hier abgeliefert haben", entrüstete sich Volker Ratzmann (Grüne). Martin Lindner (FDP) ereiferte sich: "Gehen Sie in sich. Dann werden Sie erkennen, dass es besser ist, den Platz frei zu machen für jemanden, der es besser kann". Auch CDU-Fraktionschef ließ sich diese Chance nicht entgehen: "Der Skandal ist, dass Sie das alles gar nicht als Problem empfinden."

Die Empörung der Alphamännchen steigerte sich, als von der Aue ein Stück des neuen Gitters herumreichte, das in Kürze vor den Fenstern der Haftanstalt montiert werden soll, um weiteren Schmuggel in den Knast zu verhindern. Pflüger und Lindner fühlten sich an eine Teppichprobe erinnert. Im Unterschied zu einem Teppich handle es sich hier aber um ein Sicherheitsproblem, so Pflüger. Da könne man nicht sechs Monate warten, bis man handele. "Wenn man ein SOS-Signal bekommt, fängt man doch auch nicht zuerst an, zu überlegen, ob man ein Boot rausschickt und das Geld fürs Benzin reicht", sagte Pflüger. Er bezog sich damit auf die Erklärung des Abteilungsleiters für Strafvollzug, Gero Meinen. Der hatte zuvor gesagt, die Bestellung der Gitter habe erst mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgestimmt werden müssen. Die Lieferung habe sich verzögert, weil zuerst ungeeignete Gitter eingetroffen seien.

Wie die taz erfuhr, hat der Skandal inzwischen erheblichen Auswirkungen innerhalb der JVA Plötzensee. Statt einmal in der Woche werden nun auf Anweisung der Justizverwaltung zweimal Kontrollen in den Zellen durchgeführt; die Insassen müssen Kleidungsstücke und Gegenstände erheblich reduzieren - aus Sicherheitsgründen. "Die gesamte Energie der Beamten geht jetzt für die technische Sicherheit drauf", heißt es in Justizkreisen. "Dabei ist der eigentliche Skandal, dass die Anstalt seit zwei Jahren überbelegt ist und über 200 Arbeitsplätze für die Gefangenen fehlen."

Der Sicherheitswahn führt nach Angaben von Rechtsanwalt Jörn Tessen so weit, dass ein Gefangener, dessen Mutter kürzlich verstarb, am heutigen Donnerstag nicht zur Trauerfeier darf. Begründung laut Tessen: Das Personal, das ihn begleiten müsste, werde für Kontrollen gebraucht.

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