Abgeordnetenhausdebatte: Zug nach Jamaika ist abgefahren

Das Abgeordnetenhaus spielt Bundestag: Die Parlamentarier diskutieren die geplante Teilprivatisierung der Bahn. Das Thema entzweit die Opposition und eint Rot-Rot.

Vor ein paar Tagen protestierte Robin Wood gegen die Bahnprivatisierung: Am Donnerstag debattierten die Berliner Abgeordneten Bild: dpa

Ein Hauch von Jamaika wehte auch gestern wieder über dem Abgeordnetenhaus. Gleich zu Beginn der Plenarsitzung wurde die Einladung zur zweiten "Berlin-Konferenz" verteilt. Das Thema, zu dem die versammelte Oppositionsfront aus CDU, FDP und Grünen diesmal einlädt: "Klimaschutz schafft Arbeitsplätze".

Das eigentliche Thema der Parlamentssitzung war aber die geplante Teilprivatisierung der Bahn, und da war nichts mehr zu spüren von schwarz-gelb-grüner Harmonie. Demütig gegenüber "dem größten Arbeitgeber der Stadt" verteidigte der CDU-Abgeordnete Rainer Uecker die Privatisierungspläne der Bahn und brachte nicht nur die Regierungsfraktionen gegen sich auf, sondern auch die Oppositionsfreunde von FDP und Grünen. Die nämlich würden - wie auch die EU-Kommission - die Bahn gerne in Betrieb und Netz zerlegen. Wettbewerb ja, forderte FDP-Frontmann Martin Lindner, "aber es ist fragwürdig, der Bahn das Recht zu übertragen, das Netz weiter zu kontrollieren."

Zuvor hatte bereits die grüne Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling den Gesetzesentwurf von Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kritisiert. Eine von der Bahn geplanten Umsatzrendite von 20 Prozent auf der Schiene, so Hämmerling, "lässt sich nur erzielen durch unterlassene Instandhaltung, durch Streckenstilllegungen und oder durch die Erhöhung der Trassenpreise". Während die CDU also Hartmut Mehdorn den Koffer hinterherträgt, wollen ihn Grüne und FDP dem Bahnchef entreißen. Statt eines privaten Monopols soll es endlich Wettbewerb geben.

So viel Differenzierung brauchte die Linkspartei gar nicht, um sich als Hüterin des Volkseigentums zu beweisen. "Liebe Bündnisgrüne, wie habt ihr euch verändert", rief der stellvertretende Fraktionschef Stefan Liebich. Der Bundesregierung drohte er: "Wir werden der Verschleuderung von Volksvermögen nicht tatenlos zusehen."

Tatsächlich geht Rot-Rot inzwischen in die Fundamentalopposition zu den Privatisierungsplänen des Verkehrsministers der eigenen Partei. Der Berliner SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller betonte, es dürfe nicht mehr nur diskutiert werden, wie man die Bahn privatisieren, sondern ob man sie überhaupt privatisieren soll. Auch Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer will sich offenbar nicht mit ein paar Millionen Euro an Ausgleichszahlungen abspeisen lassen. Sie erwartet von der Bundesregierung, den Gesetzentwurf "vollständig zu überarbeiten". In der vorliegenden Form habe er keinen Bestand.

So geht Rot-Rot also gestärkt in die nächsten Verhandlungen mit dem Bund. Und die Opposition? Die sollte sich einmal in Jamaika umsehen. Dort wurde der Großteil der Bahnstrecken in den vergangenen Jahren stillgelegt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.