OECD-Studie: SPD will punkten

Um die Einwanderung ausländischer Fachkräfte zu steuern, wollen viele Sozialdemokratien ein Punktesystem einführen. Arbeitsminister Müntefering ist bisher dagegen.

Will die Chancen für Migranten auf dem Arbeitsmarkt verbessern - SPD-Politiker Edathy. Bild: dpa

BERLIN taz Nach der Vorstellung des OECD-Migrationsberichts werden in der SPD Stimmen laut, die eine erleichterte Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften fordern. "Da sehe ich Handlungsbedarf - noch in dieser Legislaturperiode", sagte der Vorsitzende des Innenausschusses, Sebastian Edathy, der taz. "Wir müssen die Debatte über das Punktesystem wieder aufnehmen", meint auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz.

Die SPD-Abgeordneten Lale Akgün und Michael Bürsch fordern sogar, umgehend ein Punktesystem einzuführen. Dabei werden in klassischen Einwanderungsländern wie Kanada oder Australien Einwanderungsinteressierte nach Kriterien wie Qualifikation, Alter und Sprachkenntnissen eingestuft.

In dem am Montag vorgestellten Migrationsbericht empfiehlt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Deutschland, aus ökonomischen Gründen die Integration von Migranten zu verbessern und mehr hochqualifizierte Zuwanderer ins Land zu holen (taz vom 26. 6. 07). Neben Japan und Italien sei Deutschland das einzige OECD- Land, in dem die Erwerbsbevölkerung schon bis 2010 schrumpfe.

"Wir müssen die Arbeitsmarktchancen der hier lebenden Migranten verbessern", forderte auch SPD-Innenpolitiker Edathy. Er setzt auf den Nationalen Integrationsplan, den Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Mitte Juli vorstellen will: "Da sollten konkrete Maßnahmen benannt werden." Zudem müsse beim Zuwanderungsrecht "nachgesteuert werden". Viel zu hoch sei das Einkommen, das ausländische Arbeitnehmer nachweisen müssen, um ein Aufenthaltsrecht zu bekommen. Derzeit liegt es bei mindestens 7.000 Euro monatlich. Ähnliches hat bereits Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gefordert.

Langfristig spricht sich Edathy dafür aus, ein Punktesystem einzuführen und dieses nicht nur für die kleine Gruppe der Spitzenkräfte anzuwenden. Dabei aber, sagte Edathy, dürfe man die nahezu vier Millionen Arbeitslosen hierzulande nicht vergessen.

Ähnlich argumentiert auch Wiefelspütz. "Es wäre gut, mit einem Punktesystem einen schmalen Pfad für Hochqualifizierte zu schaffen und diesen dann zu verbreitern, wenn sich die Arbeitsmarktlage hierzulande verändert hat", sagte Wiefelspütz der taz. Auf keinen Fall aber dürften die einheimischen Arbeitslosen abgehängt werden.

Diese Bedenken teilt die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün nicht. "Die Arbeitslosen passen oftmals doch gar nicht auf die offenen Stellen", argumentiert die Migrationsexpertin. Akgün plädiert dafür, umgehend ein Punktesystem für Fachkräfte einzuführen. "Es war ein großer Fehler, dass dies nicht bereits mit dem Zuwanderungsgesetz geschehen ist", sagte sie. Die Union hatte dies verhindert.

Auch Michael Bürsch hält die Einführung des Punktesystems für überfällig - aber nicht aus rein ökonomischen Gesichtspunkten. "Das Punktesystem soll ein Signal für die Offenheit dieses Landes sein", sagte der SPD-Abgeordnete, der das geltende Zuwanderungsgesetz mitverhandelt hat. "Wir müssen die Tore für alle weiter öffnen, die Arbeit finden und sich und ihre Familie ernähren können."

Diese Position aber dürfte mittelfristig in der SPD nicht mehrheitsfähig werden. Selbst die Frage,ob sich die Sozialdemokraten in der Koalition für die Einführung des Punktesystems stark machen werden, ist noch nicht entschieden. Denn mächtige Politiker wie Franz Müntefering sind skeptisch. Nach der Sommerpause soll es immerhin ein Gespräch mit dem Arbeitsminister geben. Wiefelspütz sagte: "Wir werden uns unterhalten." Mehr nicht.

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