Schul-Sponsoring: Mit Cornflakes zur Kreide?

In einer Musterklage hat der Bundesgerichtshof dem "Schulmarketing" erstmals gewisse Grenzen gesetzt - die Finanzierung von Schulmitteln bleibt ein Problem.

"Immer empfänglicher für Angebote aus der Wirtschaft": Schule Bild: ap

Heute, wo die schlanke Linie der Jugend auf allen Agendas steht, brächen die vier Stück Würfelzucker pro Portion der Kampagne "Kelloggs Frosties für den Schulsport" vermutlich sofort das Genick, 2003 jedoch war die Sammelaktion mit Unterstützung der Deutschen Schulsportstiftung bei Pädagogen und Schülern einige Monate lang extrem beliebt. Gegenstand einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands waren jedoch nicht mögliche Auswirkungen des Produkts auf die Figur, sondern die Werbestrategie selbst, die Kinder und Jugendliche zum Kauf des Produkts genötigt haben soll.

Nun entschied der Bundesgerichtshof: Die Aktion "Kelloggs Frosties für den Schulsport" hatte auf die Sammelleidenschaft und Kaufkraft von Schülern gesetzt. Auf ausgewählten Cornflakes-Packungen prangten die sogenannten Tony Taler, für 50 gesammelte "Taler" und einen Stempel der Schule gab es für den Sportunterricht ein neues Badminton-Set, für 250 Taler mehr erhielten die Schulen eine Ausrüstung für die nächste Beachvolleyballsaison. Die Werbung habe "die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausgenützt", lautet das Urteil des Bundesgerichtshofs und gibt der Klage der Verbraucherverband Bundeszentrale (vzbv) statt, die die zunehmende Erschließung der Schulhöfe als Werbeflächen kritisiert.

"Die Schulen werden immer empfänglicher für Angebote aus der Wirtschaft", erklärt Patrick von Braunmühl, Leiter des Fachbereichs Wirtschaftsfragen beim vzbv. "Es kann nicht angehen, dass Kinder dazu aufgefordert werden, Produkte zu kaufen, damit die Schule sich ihre Ausrüstung leisten kann."

20 Milliarden Euro Kaufkraft hat die Gruppe der Kinder und Jugendlichen im Alter von elf bis 19 Jahren im Jahr, und an dieses Vermögen möchte man natürlich gerne ran. "Vor zehn Jahren war der Begriff Schulmarketing kaum bekannt", erläutert Christoph Zeuch, Geschäftsführer einer Agentur, die die Platzierung von Werbung in der Schule organisiert. Heute strömen immer mehr Agenturen auf den umkämpften Markt, meist mit den falschen Mitteln, denn "die Schule ist ein kommunikativer Raum, der sehr gut geschützt ist, da kann man nicht mit den Methoden aus dem Freizeitmarkt ran", so Zeuch: "Pädagogischer Nutzwert" sei die entscheidende Komponente, wenn ein Unternehmen mit Werbung in der Schule erfolgreich sein will. "Die Leute sind bereit, das Thema Werbung in der Schule an sich ranzulassen", meint Zesch. "Anstatt eineinhalb Jahre auf die Bewilligung von Fördergeldern zu warten, setzen Schulen lieber auf Sponsering." Und nehmen dann schon mal ein "sponsored by"-Schildchen auf den Sportleibchen in Kauf.

Völlig unproblematisch sieht Karl Weinheim von der Deutschen Schulsportstiftung das Engagement von Unternehmen in den Schulen. Bei der Aktion "Kelloggs Frosties für den Schulsport" war man sogar gerne als Partner dabei: "Wenn ein Unternehmen sich heute zum Thema Bewegung und Ernährung engagiert, dann unterstützen wir das." Bedenken gegen den hohen Zuckergehalt des Unterstützerprodukts weist er schroff von der Hand: "Heute ist der Zucker das, was schlecht ist - morgen ist es etwas anderes." Die Aktion liege lange zurück, man sei nur bei der Abwicklung behilflich gewesen, und überhaupt: "Von den Schulen kamen nur positive Rückmeldungen. Die waren alle traurig, dass die Sache mit den Tony Talern eingestellt wurde."

Dass die Schulen oft nicht in der Lage sind, technisches Equipment und Sportgeräte selbst zu finanzieren, nimmt auch Manfred Ruberg vom Kultusministerium Bremen als Gegebenheit hin. Dass es ohne Sponsoring gehen könne, sei "eine Illusion". Die Entscheidung, ob und in welchem Rahmen in einer Schule geworben wird, liege letzten Endes bei der Schule selbst. Aber gibt da nicht eine Instanz die Verantwortung an die nächste ab?

Als Präzedenzfall wird das Urteil eine gewisse Wirkung entfalten. Man werde die Akten genau einsehen, räumt Ruberg ein, und in Zukunft genau hinschauen, bei welchem Produkt man kooperiert.

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