Überwachung in U-Bahnhöfen: Auch Polizei darf Videos gucken

Drogendealer werden fluchen: Der Senat will die Befugnisse der Polizei ausweiten - vom Zugriff auf Videoaufzeichnungen der BVG bis zur Ortung von Handys. Neuerung greift frühestens Anfang 2008.

Drogendealer, die ihren Stoff in U-Bahnhöfen verticken, müssen sich wohl bald andere Nischen suchen. Denn der Senat will der Polizei künftig erlauben, Videoaufzeichnungen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) umfassend einzusehen. Zudem solle die Behörde auch Handys orten dürfen, wenn dadurch Gefahren abgewehrt werden könnten, sagte am Sonntag Thomas Kleineidam, der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Die Neuerungen im Polizeigesetz könnten "Anfang 2008" greifen, so Kleineidam.

Bisher darf die Polizei nur in die BVG-Aufzeichnungen schauen, wenn ein Verbrechen geschehen ist, etwa ein Mensch vor die U-Bahn geschubst wurde. Die Reform geht über den Zugriff bei der Strafverfolgung hinaus: Künftig ist auch die präventive Beobachtung erlaubt - was Dealer das Fürchten lehren könnte. "Bisher war die polizeiliche Nutzung von BVG-Daten rechtlich problematisch", sagte Kleineidam. "Wir schaffen jetzt die gesetzliche Grundlage."

Der Hintergrund: Die BVG wendet bei der Videoüberwachung ihr Hausrecht an. Deshalb duften bisher Behördenvertreter die Bänder nicht offiziell auswerten. Material gibt es jede Menge: Nach einem Modellprojekt in drei U-Bahn-Linien plant die BVG, bis Ende des Jahres alle 170 Bahnhöfe flächendeckend mit Kameras zu filmen.

Die rot-rote Landesregierung will der Polizei auch eine umfassendere Handyortung erlauben. Bisher darf die Behörde sie nur bei schweren Straftaten wie Mord anwenden. Nun soll sie laut Kleineidam "in einem sehr eingeschränkten Bereich" ausgeweitet werden. So dürften die Polizeispezialisten etwa Menschen orten, die Selbstmordabsichten hätten. Auch wenn Eltern ihr Kind vermissen, wird die Neuregelung greifen - um, falls ein Verbrechen passiert, sofort eine Spur zu haben.

Der entsprechende Gesetzentwurf sei bereits vorbereitet, bestätigte am Sonntag Nicola Rothermel, die Sprecherin der Innenverwaltung. Der Senat werde sich am 21. August damit befassen. Dann muss noch das Abgeordnetenhaus der Änderung des "Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" (Asog) - so lautet die offizielle Bezeichnung des Polizeigesetzes - zustimmen.

Der Senat setzt mit der Reform einen Passus des Koalitionsvertrages um - über den Umweg der BVG-Aufzeichnungen. "Zur Abwehr dieser Gefahr darf die Polizei in öffentlich zugänglichen Räumen des öffentlichen Personennahverkehrs Videoaufzeichnungen herstellen oder von anderen angefertigte Videoaufzeichnungen verarbeiten." Die Erfahrungen mit terroristischen Anschlägen zeigten, dass besonders Bahnanlagen gefährdet seien, heißt es im Koalitionsvertrag zur Begründung. Zum Konzept gehört, dass die aufgezeichneten Daten - wie auch bei der BVG üblich - nach 24 Stunden wieder gelöscht werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.