Kommentar Jugenschutz: Alkohol in Kinderhänden

Minderjährige als Testkäufer für Alkoholika und Gewaltvideos? Warum nicht - schließlich geht es um den Jugendschutz. Und Händler würden ihn so vielleicht ernster nehmen.

Alle sind dafür, dass an Jugendliche kein harter Alkohol und keine Gewaltvideos abgegeben werden. Aber wenn Familienministerin von der Leyen vorschlägt, jugendliche Testkäufer einzusetzen, um die Einhaltung dieses Verbots zu überprüfen, ist die Empörung plötzlich groß. Das ist seltsam.

Die Bedenken können nicht so recht überzeugen. Denn Jugendlichen, die unter Aufsicht der Polizei den Jugendschutz testen, wird dabei ja nicht zugemutet, Alkohol zu trinken oder jugendgefährdende Videos anschauen. Diese Jugendlichen werden die Produkte bloß aus dem Regal holen, an der Kasse vorzeigen, bezahlen und anschließend bei einem Beamten, der das alles beobachtet, abliefern. Sie werden das auch freiwillig tun - vielleicht nur, um ihr Taschengeld aufzubessern, vielleicht auch aus persönlicher Überzeugung. Aber dass ihr Gefühl für rechtmäßiges Verhalten dabei verloren gehen könnte, ist nicht zu befürchten - schließlich ist ja klar, auf wessen Seite sie bei dieser Aktion stehen. Und dass bei solchen Testkäufen gerade Jugendliche eingesetzt werden, ist wohl unvermeidlich. Es geht nun mal um den Jugendschutz.

Zwar wirkt es immer problematisch, wenn der Staat seine Bürger zu rechtswidrigem Verhalten anstiftet, um sie dann dafür zu bestrafen. Zu rechtfertigen ist dies aber immer dann, wenn es sich um ein Verhalten handelt, das ohnehin vorkommt und hier nur - zu Beweiszwecken - noch einmal vor den Augen der Beamten wiederholt wird. Letzteres passiert bei einem Testkauf im Laden. Der Jugendliche legt die Gewalt-DVD an der Kasse vor, sagt kein Wort und dann zeigt sich, ob der Verkäufer nach dem Ausweis fragt oder nicht. Nicht anders geht die Deutsche Umwelthilfe vor, wenn sie prüft, ob ein Händler Mehrwegflaschen aus einem anderen Geschäft zurücknimmt. Hier wird also niemand zu rechtswidrigem Verhalten provoziert.

Natürlich sind mit dieser Methode längst nicht alle Probleme des Jugendschutzes gelöst. Schließlich können sich Jugendliche weiterhin an der Bar der Eltern bedienen oder ältere Freunde in den Laden schicken. Testkäufe können aber dafür sorgen, dass deutlich mehr Händler als bisher das Jugendschutzgesetz ernst nehmen. Und damit wäre ja schon mal was gewonnen. CHRISTIAN RATH

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.