Bombenbastler-Kommentar: Dschihad, hausgemacht

Dass es sich bei zwei der mutmaßlichen Bombenbastler um deutsche Konvertiten handelt, führt vor Augen, dass der islamistische Terror mit der Integration der Einwanderer nur bedingt etwas zu tun hat.

Weil er Bombenanschläge auf Flughäfen und US-amerikanische Einrichtungen geplant haben soll, wurde gestern ein Adem Y. und zwei mutmaßliche Komplizen verhaftet. Hätten die Komplizen türkische oder arabische Namen getragen - es wäre sicher nur eine Frage von Stunden gewesen, bis es zu einer neuen Auflage der leidigen Integrationsdebatte gekommen wäre. Sofort hätten sich die ersten Knallchargen zu Wort gemeldet, um irgendwas zu fordern: Deutschkurse für Hassprediger, Online-Durchsuchungen von Freitagspredigten oder Kopftuchverbot auf dem Pausenhof. Doch einer der beiden Verhafteten heißt Daniel S., und der mutmaßliche Anführer hört gar auf einen Namen, wie er deutscher nicht sein könnte: Fritz G.

Dass es sich bei zweien der Bombenbastler um deutsche Konvertiten handelt, führt vor Augen, dass der islamistische Terror mit der Integration der Einwanderer nur bedingt etwas zu tun hat. Die ständige Vermischung beider Themen hilft in der deutschen Debatte deshalb nicht weiter. Denn der Dschihadismus ist keine Folklore, die Einwanderer aus Anatolien oder dem Atlasgebirge mitgebracht haben. Wer sich dem internationalen Dschihad anschließt, tut dies nicht, weil er nicht gut genug Deutsch spricht oder keine Lehrstelle findet. Wir haben es vielmehr mit einem modernen politischen Phänomen zu tun, das man man nicht versteht, wenn man nur im Koran nach blutrünstigen oder judenfeindlichen Passagen sucht.

Natürlich hat der islamistische Terror etwas mit der Religion zu tun. Doch die Beispiele von Fritz G. und Daniel S. zeigen, dass man gut beraten ist, die Integration von Muslimen nicht stets in einem Atemzug mit Terrorismus zu verhandeln. Stattdessen muss man fragen, was junge Deutsche dazu treibt, sich einer obskuren Terrorsekte aus Usbekistan anzuschließen. Eine mögliche Antwort lautet, dass sich ihre Motive nicht völlig von jenen unterscheiden, aus denen junge Deutsche vor bald vierzig Jahren ihren antiimperialistischen Kampf im "Hinterland der USA" aufnahmen.

Übrigens: Der Erfolg der Ermittlungsbehörden zeigt, dass die jetzigen Gesetze offensichtlich genügen, um furchtbare Anschläge zu verhindern.

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Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.

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