Ungarinnen arbeiten billiger

Von Bremen aus will das Unternehmen „McPflege“ den deutschen Markt erobern – mit osteuropäischen Kräften und Tarifen ab zwei Euro die Stunde. Protest kommt von der Linken und von ver.di. Doch das Angebot trifft einen wunden Punkt

Anfang dieser Woche war der Gründer und Geschäftsführer von „McPflege“ noch zu zweit: Neben Norbert Meiners, hauptberuflich Inhaber eines Beratungsbüros in Oldenburg, tauchte stets noch ein gewisser Alwin Teiken auf, der auch mit Journalisten sprach. „Alte Menschen wollen so lange wie möglich in ihren vier Wänden leben“, erklärte er beispielsweise gegenüber dem Weser-Kurier, wie es zu der Idee von „McPflege“ gekommen sei. Gestern jedoch war Teiken dort nicht mehr zu erreichen. „Ich war eigentlich nur bei der Gründung dabei“, sagte er der taz auf Nachfrage. Er habe erst investiert und Aktien gekauft, dann aber „darüber nachgedacht“. „McPflege“ halte er nach wie vor für „eine gute Sache“. Künftig widmet sich Teiken wieder ausschließlich den „Friseurbetrieben Komet“ in Herzlake, wo er kaufmännischer Leiter und Gesellschafter ist. Die Firma ist spezialisiert auf Friseurdienstleistungen in Seniorenzentren.  wie

VON DANIEL WIESE

Die Warteschleife von „McPflege“ macht einen professionellen Eindruck. „Ihr Anliegen ist uns wichtig“, versichert eine freundliche Frauenstimme, dann das Ganze noch mal auf Englisch. Der Geschäftsführer sei leider in einer Besprechung, sagt die Dame, die sich schließlich am anderen Ende der Leitung meldet. Danach würde er die Liste mit „den vielen Anfragen von Presse und Fernsehen“ abarbeiten, versprochen.

Der Marktauftritt von „McPflege“ geschah am 1. August. „Sie benötigen Betreuung rund um die Uhr? Sie möchten aber in Ihrem eigenen Zuhause bleiben? McPflege hat die Lösung!“, heißt es, in einer von Satz zu Satz größer werdenden Schrift, auf der Homepage des Unternehmens mit Sitz in Bremen. Die Lösung, das steht dann einen Link weiter, sind „osteuropäische Pflegekräfte“. Mit denen bietet „McPflege“ eine 24-Stunden-Betreuung „schon ab 2 Euro die Stunde“ an.

Kaum wurde die Unternehmensgründung in Bremen bekannt, meldete sich die Linkspartei. „Sittenwidrige Löhne müssen endlich der Vergangenheit angehören!“, entrüstete sich die Abgeordnete Monique Troedel und verwies auf die Bundesrats-Initiative des rot-grünen Senats für einen gesetzlichen Mindestlohn.

Noch schärfere Töne schlug Klaus Krüger vom Ver.di-Landesverband Bremen an: Schon der Firmenname lasse an Fast Food denken und suggeriere „Fast-Pflege“, sagte er dem Nachrichtensender n-tv. „Wir glauben, dass die Qualität, die in der Pflege nötig ist, von McPflege nicht erreicht werden kann.“

Um Pflege im engeren Sinn geht es bei „McPflege“ allerdings gar nicht, eher um eine 24-Stunden-Betreuung, die die ambulanten Pflegedienste ergänzen soll. „Wenn die Oma 82 ist, an Altersdemenz leidet und schon zweimal den Herd angelassen hat, sorgen wir dafür, dass die Oma nicht fällt und dass sie nicht die Suppe von 1987 kocht“, sagt Norbert Meiners, der 38-jährige Firmengründer.

Auf den Namen „McPflege“ sei er gekommen, weil „Mc“ für „eine bestimmte Richtung“ stehe, sagt Meiners. „Das steht für billig und gut.“ Wobei billig in der Regel zwischen 1.500 und 1.750 Euro im Monat bedeute, „das hängt auch ein bisschen vom Schwierigkeitsgrad ab“.

Wie viel die ungarischen Pflegedienste, die McPflege engagiert, ihren Pflegerinnen bezahlen, weiß Meiners nicht, er geht aber davon aus, dass es „übertariflich nach deren Verhältnissen“ ist. Schließlich sei Ungarn ja in der EU, und die Pflegekräfte könnten überall arbeiten.

„Wir sind kein billiger Jakob“, verteidigt sich auch der Vertreter des „McPflege“-Regionalbüros Cloppenburg, Martin Pest. Seinen Angaben nach müssten die deutschen Kunden sogar bis zu 2.000 Euro für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung bezahlen, außerdem bräuchten die ungarischen Pflegekräfte noch ein eigenes Zimmer in der Wohnung. „Das kann sich nicht jeder leisten“, sagt Pest, der ansonsten als Handelsvertreter tätig ist.

Leichte Skepsis lässt dagegen Wolfgang Müller durchblicken, Geschäftsführer der Paritätischen Pflegedienste Bremen. Wenn „McPflege“ auf seiner Homepage andeute, dass staatliche Zuschüsse beantragt werden könnten, sei das zwar richtig. Das gehe aber nur, wenn kein ambulanter Pflegedienst in Anspruch genommen werde. „Wenn man sagt, darauf verzichten wir, wir kriegen das auch mit einer Polin hin, würde ich davon dringend abraten“, sagt Müller, das Risiko sei zu hoch.

Dass das Bedürfnis nach einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung besteht, möchte Müller allerdings nicht leugnen. „Wir sind ja auch ein Player, und wir überlegen, uns da zu engagieren“, sagt Müller, der nicht „zu einem Antipoden“ von „McPflege“ aufgebaut werden will. Die Löhne für die osteuropäischen Arbeiterinnen findet er nicht so schlimm. Das sei immer noch besser als Schwarzarbeit. „Dafür hat man ja die Osterweiterung, dass das möglich wird.“

Die ungarischen Kräfte von „McPflege“ bleiben sechs oder zwölf Wochen, dann kommen neue. „Selbstverständlich“ seien sie „legal beschäftigt und sozialversichert“, heißt es auf der Homepage des Unternehmens. Im Prinzip trete „McPflege“ aber nur als Vermittler auf, darum würden für die Kunden jährlich noch einmal 571,20 Euro an Vermittlungsgebühren fällig.

„McPflege“ bezeichnet sich auf seiner Homepage als „bundesweit führend in der Vermittlung von osteuropäischem Pflege- und Betreuungspersonal“ in Sachen Ganztagespflege. Bisher existieren allerdings nur die Regionalbüros in Cloppenburg und Bremen, eines in Hamburg soll in zwei Wochen eröffnen. Man sei mit den Interessenten „in engen Gesprächen“, sagt Geschäftsführer Meiners.