Kampf um die billigsten Plätze

Im Wettstreit um Billigairlines setzt der Lübecker Flughafen Blankensee mit Jet2.com auf einen neuen Partner, der Flüge ins englische Leeds anbietet. Der konkurrierende Bremer Flughafen verliert derweil seinen TUI-Fly-Flieger

Sie haben bereits den Buckingham Palace gesehen? Die Tower Bridge? Westminster Abbey? Wenn Sie gelangweilt sind von Londons Sehenswürdigkeiten, dann haben sie ab Mai 2008 die Möglichkeit, eine andere Seite Englands kennen zu lernen.

Dann fliegt die Billigfluggesellschaft Jet2.com vom Lübecker Flughafen Blankensee nach Leeds, Industriemetropole in Englands Norden. Zwischen Blankensee und der im deutschen Tourismus-Bewusstsein bisher kaum verankerten englischen Stadt sollen vier Mal pro Woche Flüge verkehren und jährlich zwischen 45.000 und 55.000 Passagiere transportieren.

Die ehemalige Textilhauptstadt Englands gehört nicht eben zu den „must-sees“ des Landes. Das weiß auch Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD), der sich in einem Bericht der Lübecker Nachrichten trotzdem erleichtert zeigt über die Zusammenarbeit mit Jet2.com: „Wir brauchen dringend neue Fluggesellschaften, das ist im Moment wichtiger als Destinationen.“

Der Bedarf an neuen Partnern ist vor allem gestiegen, seit der irische Billigflieger Ryanair, wichtigster Nutzer des Lübecker Flughafens, im Februar 2007 vier Flüge pro Woche von Lübeck nach Bremen verlegt hat. Ausgerechnet die regionale Konkurrenz profitierte also von dem Rückschlag für den größten Regionalflughafen Norddeutschlands, der sich eigentlich auf Expansionskurs sieht.

Eine Erweiterung des Streckennetzes und zwei Millionen Passagiere waren in Lübeck für 2006 angepeilt. Das hatte der neue Mehrheitseigner, die neuseeländische Investmentgesellschaft Infratil, nach seiner Übernahme 2005 mit Ryanair vereinbart. Voraussetzung für diese Entwicklung zum Großflughafen war freilich die Verlängerung der Startbahn, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Anwohner sowie der angrenzenden Naturschutzgebiete geführt hätte. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig stoppte daher im Juli 2005 vorerst den Ausbau.

Die Lübecker Realität sieht nun anders aus: Lediglich 678.000 Passagiere wurden 2006 in Blankensee abgefertigt, ein Minus gegenüber dem Vorjahr von 5,3 Prozent. Zudem muss die Flughafengesellschaft sich des Vorwurfes erwehren, unerlaubte staatliche Beihilfen erhalten zu haben. Die EU-Kommission prüft den Fall.

Auch die Konkurrenz aus Bremen erhält derweil eine Hiobsbotschaft: Am Dienstag kündigte der Billigflieger TUI-Fly an, sein Flugzeug im April 2008 vom Bremer Flughafen abzuziehen. Rund 100 Beschäftigte sind von der Maßnahme angeblich betroffen, zu einem eventuellen Stellenabbau wollte das Unternehmen noch keine Angaben machen. Zur Begründung des Abzugs sagte Unternehmenssprecher Herbert Euler: „Der Markt war schon immer in Bremen sehr schwierig.“

Am Lübecker Flughafen entspannt sich die Lage durch die neuen Flüge nach Leeds zumindest kurzfristig. Ein Schritt Richtung Großflughafen sind sie aber nicht. BENJAMIN GEHRS