77 Zeugen, 77 Meinungen

Phil Spector ist vorerst aus dem Schneider: Wegen eines Patts in der Jury ist das Verfahren aufgehoben worden

Der Prozess gegen den Musikproduzenten Phil Specter wird Hollywood noch ein Weilchen länger beschäftigen. Dem Träger exzentrischer Frisuren(die taz berichtete) wird gerade der Prozess gemacht, weil er 2003 in seinem Haus in Los Angeles die C-Movie-Schauspielerin Lana Clarkson erschossen haben soll. Der Richter hob das Verfahren gestern auf, weil sich die Jury nicht einigen konnte. Zwölf Tage hatte die 12-köpfige Jury beraten. Doch zum Schluss beharrten noch immer zwei von ihnen auf einer abweichenden Ansicht. Was die Mehrheit denkt, blieb dabei geheim. Die Jury teilte dem Richter mit, es gebe nichts mehr, was das Gericht noch tun könne, um das Meinungspatt aufzulösen. Statt dessen hob Richter Larry P. Fidler nun das Verfahren auf. Specter und seine Anwälte sollen Anfang Oktober wieder erscheinen. Dann werde entschieden, wie es weitergehen soll.

Zeit genug für Specter, sich neue exzentrische Überröcke und Krawatten zu besorgen, mit denen er zu den Verhandlungen zu erscheinen pflegt. Bislang heuerte er eine Armada renommierter Anwälte an – und entließ diese in ebenso schneller Folge, wie er seine Frisuren wechselte.

Specter, 67, der in den 60ern als Entdecker des Teeniepop (The Crystals, The Ronettes) gefeiert wurde, steht seit April vor Gericht. Im Zuge des Indizienprozesses erfuhr die Welt von den seltsamen Vorlieben des „Genies“, so zum Beispiel, dass er seine Frau Ronnie wie eine Gefangene gehalten, seine Adoptivsöhne missbraucht und Geliebten mit Revolvern gedroht hatte.

In dem öffentlichen Prozess, der an Abgründen kaum etwas auszulassen scheint, kamen bislang 77 Zeugen zu Wort, die sich in fast allen Punkten völlig widersprechen. Auch die über 600 eingereichten Beweisstücke, von Leopardfelltäschchen bis hin zur blutbespritzten weißen Jacke, die Specter in der Mordnacht trug, konnten die letzten Zweifel der Jury nicht ausräumen. AW