Kommentar: Schwarze Schafe werden geschützt

Dass Pflegeheime nicht öffentlich bewertet werden, ist ein Skandal. Ein Mitbestimmungsrecht der Betroffenen ist nur recht und billig.

Wer derzeit ein passables Pflegeheim für Eltern oder Großeltern sucht, muss sich selbst ein Bild machen. Denn Rankings oder Informationen, die Vergleiche ermöglichen, gibt es nicht. E darf sie per Gesetz gar nicht geben. Die Prüfer vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen und die Heimaufsicht der Länder dürfen ihre brisanten und entlastenden Erkenntnisse nicht an die Öffentlichkeit geben. Mit dieser Geheimniskrämerei muss Schluss sein - zum Schutz der Gepflegten und der Versicherten.

Politik und Verbände fordern, die Prüfberichte zu veröffentlichen und zwar so, dass nicht nur Fachleute daraus schlau werden. Erstaunlich ist nicht die Forderung an sich, sondern dass sie überhaupt erhoben werden muss. Produkttests sind für alle Bereiche des Lebens selbstverständlich geworden: Handys, Versicherungen, Universitäten alles wird geprüft, bewertet und gruppiert. Ausgerechnet die Betreiber von Pflegeheimen können fast unbeobachtet vor sich hin wirtschaften. Das ist nicht nur fahrlässig, sondern auch gefährlich. Eine Frau, die Windeln tragen muss, obwohl sie noch auf die Toilette gehen könnte, wird in ihrer Menschenwürde verletzt. Ein Mann, der vom falschen Liegen offene Wunden bekommt, leidet körperlich. In jedem zehnten Heim stellen die Prüfer solche Missstände fest. Die bestehende Regelung schützt die schwarzen Schafe unter den Heimen. Die Menschen haben das Recht zu erfahren, welche Heime sie meiden müssen.

Darüberhinaus muss auch offengelegt werden, wofür die Betreiber der Heime das Geld ausgeben. Die Geldgeber sind schließlich die Versicherten, von deren Beiträge die Pflege bezahlt wird. Und nicht nur Pflege: Mit Menschen, die nicht mehr laufen können, die gefüttert und gewaschen werden müssen, lassen sich erkleckliche Gewinne erwirtschaften: Private Betreiber von Pflegeheimen machen satten Gewinne, der Pflegebereich ist eine Zukunftsbranche. Wenn es schon gestattet ist, Versichertengelder in private Gewinne umzumünzen, dann ist ein Mitbestimmungsrecht der Betroffenen nur recht und billig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.