Kommentar: Bei Integration zurück auf null

Das neue Zuwanderungsgesetz der CDU ist eine Mogelpackung. Tatsächlich diskriminiert es Deutschtürken.

Wer in der Einwanderungspolitik bei null anfängt hat einen Vorteil: Jede noch so kleine Bewegung wird als großer Fortschritt wahrgenommen. So erhielt Angela Merkel freundlichen Beifall, als sie vor einem Jahr den ersten Integrationsgipfel im Kanzleramt abhielt. Eine Geste, die bei den Migranten gut ankam, zumal sie von Gerhard Schröder nie eingeladen wurden. Nun weckte sogar der christdemokratische Innenminister Hoffnung auf einen Bewusstseinswandel. Einwanderung, sagte Wolfgang Schäuble, sei eine "Bereicherung".

Heute im Bundestag allerdings zeigt die Union ihr wahres Gesicht - wenn man genau hinschaut, denn rhetorisch scheint die Regierung weiterhin liberal. Auch die neuen Zuwanderungsgesetze verkauft sie als Beitrag zur Integration. Dazu gehört, laut Schäuble, Deutschlernen zu fördern und - ganz wichtig! - muslimische Frauen vor Zwangsverheiratung zu schützen. Klingt gut und richtig. Komisch nur, dass die, um die es geht, laut protestieren. Haben sie nicht verstanden, dass ihnen geholfen wird? Im Gegenteil. Viele Teilnehmer des Integrationsgipfels haben gemerkt, dass man sie veräppelt. Auch die Ratschläge von Frauenverbänden werden ignoriert.

Denn: Um sich gegen ihre Männer wehren zu können, brauchten Frauen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht in Deutschland - oder ein Rückkehrrecht, wenn sie im Ausland zur Heirat gedrängt wurden. Nichts dergleichen wird Gesetz. Stattdessen müssen ausländische Ehepartner künftig schon vor der Einreise Deutschkenntnisse vorweisen. Auch das kann sinnvoll sein. Aber die Regierung nimmt keine Rücksicht darauf, ob Sprachelernen im Herkunftsland überhaupt möglich ist.

Zudem gilt die neue Hürde keineswegs für alle. Amerikaner oder Japaner dürfen ohne Prüfung kommen. Die neuen Gesetze, die idiotischerweise auch noch die Einbürgerung von jungen Migranten zusätzlich erschweren, richten sich gezielt gegen die größte Gruppe der Migranten: Schäuble signalisiert Türken, dass mehr von ihnen unerwünscht sind. So kann Integration nicht klappen. Jenseits der schönen Ansprachen bleibt sich die Union in der Einwanderungspolitik also treu. Dass die SPD mitmacht, ist erbärmlich.

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