Sponsoren gesucht: Datenschützer demonstrieren sich arm

Nach dem überraschenden Erfolg der Anti-Schäuble-Kundgebung vom Wochenende steht die Protestbewegung mit leeren Kassen da.

Schäuble bringt kein Geld mehr ein. Bild: dpa

BERLIN taz Ihr größter Erfolg hat die Bürgerrechtler arm gemacht. Am Wochenende haben sie mehr als 10.000 Menschen gegen die verschärften Sicherheitsgesetze auf die Straße gebracht, doch jetzt sind sie pleite. "Unsere Geldreserven sind nahezu aufgebraucht", sagte Ricardo Remmert-Fontes, einer der Demo-Organisatoren. "Wir wissen noch nicht, wie es weitergehen soll."

Damit geraten die Datenschutz-Protestler ausgerechnet zu einem Zeitpunkt ins Schlingern, zu dem ihre Anliegen nicht mehr die Nischenthemen zauselbärtiger Sonderlinge und aufrechter Blogger sind. Die Demonstration am Wochenende ist dafür der beste Beleg: Vor einem Jahr protestierten an gleicher Stelle in Berlin noch 300 Menschen, dieses Jahr waren es je nach Schätzung zwischen 10.000 und 15.000 Teilnehmern.

Organisiert hatte den Protest der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Genau der hat jetzt das Finanzproblem. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich eine Art Attac der Bürgerrechtsbewegung, ein Netzwerk von rund 15 Gruppen. Dazu zählen etwa der Chaos Computer Club oder der Bielefelder Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V.

Für die Demonstration schaffte es der Arbeitskreis allerdings, 50 Unterstützergruppen zusammenzubringen. Darunter die Großgewerkschaft Ver.di samt deren Journalisten-Ableger dju, der Schwulen- und Lesbenverband, Grüne, FDP, linksradikale Gruppen und mehrere Ärzteorganisationen. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert sprach von der größten Demonstration zum Thema Datenschutz seit den Volkszählungsprotesten vor 20 Jahren. Die Aktion kostete allerdings auch etwas. Etwa 12.000 Euro musste der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung laut Sprecher Remmert-Fontes für Bühnen, Flugblätter und Poster bezahlen. Damit war auf einen Schlag das Geld des Datenschützer-Netzwerks weg.

"Wir haben uns ein wenig übernommen", sagt Werner Hülsmann, ebenfalls einer der Sprecher des AK Vorratsdatenspeicherung. "Wir hatten in letzter Zeit so viel mit der Demo-Organisation zu tun, dass wir die weitere Zukunft ein wenig aus dem Blick verloren haben." Andere Bürgerrechtler werden deutlicher: Das Netzwerk sei noch relativ unerfahren, sagen sie. Die Mitglieder hätten zu blauäugig die Kasse geplündert, anstatt sich bereits im Vorfeld der Demonstration um mehr Geld von den vielen Unterstützerorganisationen zu kümmern.

Dazu kommt, dass eine Geldquelle der Bürgerrechtler nahezu versiegt ist: Wolfgang Schäuble. Besser gesagt, dessen Gesicht. Ein Großteil der Einnahmen des Arbeitskreises stammte aus dem Verkauf eines T-Shirts mit Schäubles Konterfei und dem Aufdruck "Stasi 2.0". Die Firma, die den Innenminister auf ihre Hemden druckte, spendete einen Gutteil des Verkaufspreises. Ebenso der Erfinder der "Schäublone", der Künstler dataloo. "Doch inzwischen kommt darüber kaum noch Geld herein", sagt AK-Mann Remmert-Fontes. "Der Spendenanteil am Verkauf wurde reduziert."

Deshalb will der Arbeitskreis jetzt bei den 50 Unterstützerorganisationen nach finanzieller Hilfe fragen. Feste Zusagen möchte bisher noch niemand machen. "Wir haben nur einen kleinen Etat", sagt beispielsweise dju-Geschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzen. "Da wir aber eine Mitgliedsgewerkschaft von Ver.di sind, würde ich mich dort für dieses Anliegen einsetzen." Attac-Geschäftsführerin Sabine Leidig kann sich "durchaus vorstellen, dass unsere Mitglieder ein solch sinnvolles Projekt unterstützen würden". Dafür bedürfe es allerdings eines Antrags.

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