Lidl und Basic: Kritik an "feindlicher" Übernahme

Querelen bei der Basic-Hauptversammlung: Lidl will die Biokette übernehmen - bei Mitarbeiter und Kunden kommen die Pläne des Discounters schlecht an.

Will die Biokette Basic ganz schlucken: der omnipräsente Discounter Lidl Bild: dpa

MÜNCHEN taz So etwas hat die Bioszene wohl noch nicht erlebt: Gestern versammelten sich in der Münchner Zentrale der Biokette Basic AG die zerstrittenen Anteilseigner, um auf ihrer Hauptversammlung über den geplanten Einstieg des Großkonzerns Schwarz-Lidl zu entscheiden. Und vor der Tür stand eine Handvoll Attac-Aktivisten, die spontan gegen den "Ausverkauf" protestieren. Mittendrin: zehn Polizisten.

Der deutsche Biomarkt ist der größte in der EU. Mit einem Umsatzplus von 16 Prozent wuchs er 2006 im dritten Jahr zweistellig. Auf dem deutschen Lebensmittelmarkt machen Bioprodukte einen Anteil von 3 Prozent aus. Verkauft werden die Produkte zu 50 Prozent in konventionellen Supermärkten, zu 23 Prozent im Bio-Einzelhandel, zu 11 Prozent direkt vom Bauern, zu 16 Prozent von Metzgern, Bäckern, Reformhäusern und anderen. Dabei geht der Trend in Richtung großer Anbieter: Die ganz kleinen können nicht überleben, heißt es beim Bund ökologischer Lebensmittelwirtschaft. Die größte deutsche Biokette ist Alnatura mit 30 Filialen, gefolgt von Basic mit 25. Im Jahr 2006 haben 90 Prozent aller Kunden mindestens ein Bioprodukt gekauft.

Der Polizeischutz verwundert nicht, schließlich kennt eine Fraktion der bisherigen Basic-Eigner Attac noch nicht einmal. Am Donnerstag musste sich Finanzvorstand Johann Priemeier von einem Journalisten erklären lassen, was für Ziele die Organisation hat. Mit den Kritikern sprechen oder Protestunterschriften annehmen wollte das Management der zweitgrößten deutschen Biokette mit 25 Filialen und zuletzt 37 Prozent Umsatzwachstum nicht.

Genützt hat die spontane Aktion nichts. Bei der nichtöffentlichen Hauptversammlung hat die Schwarz-Lidl-Gruppe ein Übernahmeangebot an alle bisherigen Aktionäre unterbreitet. Gesamtwert nach taz-Informationen: rund 50 Millionen Euro. Wie bereits berichtet, hat der Konzern einschließlich einer Wandelanleihe schon 23 Prozent der Basic-Aktien übernommen. Die Schweizer ASI-Gruppe hat angekündigt, ihren 16-Prozent-Anteil zu verkaufen. Und Finanzvorstand Priemeier, der derzeit rund 26 Prozent der Aktien besitzt, hat den Lidl-Deal eingefädelt und will ebenfalls Anteile verkaufen. Damit ist klar, das Lidl eine Mehrheit bekommt.

Der schärfste Kritiker der Übernahme, Basic-Mitgründer Richard Müller, will seinen 13-Prozent-Anteil als Konsequenz aus dem Lidl-Einstieg verkaufen. "Als Minderheit will ich nicht bei Basic drinbleiben, denn da kann ich nichts mehr bewirken", sagte Müller der taz. Die Aktionäre haben nun sechs Wochen Zeit, zu entscheiden, ob sie das Lidl-Angebot annehmen. Während Basic-Mitgründer Georg Schweisfurth seine Mitaktionäre aufrief, sich nicht vorschnell für einen Verkauf zu entscheiden, geht Müller davon aus, dass auch die anderen Gründungseigentümer aussteigen werden. "In diesem U-Boot will niemand bleiben." Zudem werde sich Basic für das geplante starke Wachstum stark verschulden müssen, so dass der Wert der Atkien bald sinken werde. Mit dem Geld, das er für seine Anteile erhält, will er andere Ökoprojekte stärken, etwa die regionale Vermarktung, sagte Müller.

Lidl steht unter anderem wegen schlechter Arbeitsbedingungen seit langem in der Kritik. Basic-Finanzvorstand Priemeier kann das nicht nachvollziehen. In der Süddeutschen Zeitung erklärte er kürzlich, dass er sich selbst über Lidl schlau gemacht habe. In seiner niederbayerischen Heimatstadt Simbach habe er sich mit Lidl-Verkäufern unterhalten. Klagen seien da keine gekommen. "Ein Freund im Rotary-Club", Chef einer großen Molkerei, habe ihn mit den Worten beruhigt, dass Discounter die unkompliziertesten Händler am Markt seien. Und Basic-Vorstand Joseph Spanrunft, der den Lidl-Einstieg unterstützt, versicherte erneut: "Für die Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten von Basic ändert sich durch das Engagement nichts."

Die Verbraucher sehen das offenbar anders. Bei der Protestaktion äußerte jeder der befragten Kunden scharfe Kritik an der Übernahme. "Entweder Bio oder Lidl", sagte etwa eine ältere Dame. "Bio hat doch vor allem etwas mit Vertrauen zu tun!" Und auch über Alternativen wurde schon nachgedacht: "Gerade in der Stadt gibt es ja auch andere, kleine Bioläden, wo man einkaufen kann", meinte etwa eine Mutter mit Kind. Das wird sich auch manch ein Basic-Mitarbeiter gedacht haben, der während der Protestaktion zu seinem Arbeitsplatz musste. Jedenfalls war mehr als einmal ein unauffällig gereckter Daumen und ein beifälliges Lächeln zu sehen, als sich Mitarbeiter durch die Demonstranten und Polizisten schoben.

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