Generaldebatte: Merkel jubelt Opposition nieder

Die Kanzlerin nutzt die Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag, um sich und ihrer Regierung ein Traumzeugnis auszustellen. Ihre Gegner tun sich dagegen schwer.

Herzliches Dankeschön an Altkanzler Schröder: Angela Merkel Bild: dpa

Wahrscheinlich hatte sich die Kanzlerin kurz vor ihrem Auftritt noch die neuesten Umfragen zeigen lassen. Diese dürften sie vollends darin bestätigt haben, Selbstkritik in der Generaldebatte über ihren Haushalt nur einzusetzen, um allen potenziellen Kritikern vorab den Wind aus den Segeln zu nehmen.

An Optimismus ist Angela Merkel (CDU) derzeit jedenfalls nicht zu übertreffen. Warum sollte sie auch zweifeln - bei 59-prozentiger Zustimmung zu ihrer Person und 15 Punkten Vorsprung der CDU vor der SPD.

Abgesehen von der Linkspartei schien ihr am gestrigen Mittwoch im Bundestag auch niemand so richtig übel zu nehmen, dass sie ihren eigenen Höhenflug gleich mal dem gesamten Land zuschrieb. "Deutschland hat wieder allen Grund zur Zuversicht", eröffnete sie ihre 40-minütige Bilanz zur Halbzeit der Legislaturperiode.

Zufrieden und selbstsicher stützte sie ihre These und verwies auf die jüngsten wirtschaftlichen Erfolge, die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 1995 und den höchsten Stand der Erwerbstätigen seit der Wiedervereinigung. Zudem sei erstmals auch ein ausgeglichener Staatshaushalt wieder in Sicht.

3,7 Millionen Arbeitslose seien noch immer 3,7 Millionen zu viel, räumte Merkel ein. Und doch sei es eine "großartige Erfolgsgeschichte", dass Deutschland den Aufbau Ost und die Globalisierung gleichzeitig bewältigt habe. "Das ist kein Wunder, sondern Lohn der Arbeit und für harte Anstrengungen." Und weil sie gerade dabei war, gab es für alle diejenigen "ein herzliches Dankeschön", ohne die diese neue Zuversicht nicht möglich wäre: für die Polizisten in den Städten und Dörfern, die unsere Sicherheit gewährleisteten, für die Entwicklungshelfer und Soldaten, die in Afghanistan unter großem Risiko im Einsatz sind, für Exkanzler Schröder, der mit seiner Agenda 2010 die Weichen richtig gestellt habe.

Geradezu präsidial wirkte ihr Auftritt: Gediegene Oberflächlichkeit gemischt mit einer Prise Pathos, Beschönigung und Langeweile. Zu den anstehenden Aufgaben der großen Koalition bemerkte sie, es komme nun darauf an, "die Teilhabechancen zu verbreitern". Als Antwort auf die katastrophalen Zustände im Pflegesektor hatte sie lediglich den Satz parat: "Die meisten werden gut gepflegt." Dann schob sie schnell noch einen Dank an all die tüchtigen Pflegekräfte im Land hinterher.

Die Opposition tat sich schwer, der schwarz-roten Generaleuphorie etwas entgegenzusetzen. Guido Westerwelle, Partei- und Fraktionschef der FDP, verwendete einen Großteil seiner Redezeit darauf, gegen Steuererhöhungen zu wettern, den Aufschwung in Deutschland allein der Weltkonjunktur zuzuschreiben und die Atomenergie als unverzichtbare Erfolgstechnologie zu bewerben. Fritz Kuhn, Fraktionschef der Grünen, lobte die Kanzlerin und ihren Außenminister sogar für ihre "respektable" Außenpolitik - was beiden ordentlich geschmeichelt haben dürfte.

Nur einer nutzte Merkels Enthusiasmus als Steilvorlage, um die schwarz-rote Bundesregierung hart anzugehen: Oskar Lafontaine, Partei- und Fraktionschef der Linken. "Wer ist Deutschland?", fragte er Angela Merkel, die zuvor verkündet hatte, "Deutschland" könne wieder zuversichtlich sein. Ob sie darunter auch die Arbeitnehmer fassen würde, die statt eines Mindestlohns zunehmend prekäre Beschäftigungsverhältnisse geboten bekämen? Oder die Rentner, die dieses Jahr eine "lächerliche Erhöhung" ihrer Bezüge hätten verkraften müssen? Oder die 2,5 Millionen Kinder, die in Deutschland in Armut lebten? "Sie reden völlig über die Köpfe der Menschen hinweg", rief Lafontaine der Kanzlerin zu.

Merkel allerdings interessierte sich nicht sonderlich für den wütenden Herrn am Rednerpult. Sie würdigte Oskar Lafontaine keines Blickes, sondern scherzte derweil lieber mit dem sozialdemokratischen Vizekanzler Franz Müntefering.

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