Art Forum: Geld für die Kunst

Das lange Wochenende der Kunstmessen in Berlin hat gezeigt: Der Kunstmarkt läuft weiter schön heiß - und es wird fleißig konsumiert.

"Untitled" - eine Arbeit aus der Ausstellung "House Trip" Bild: jean-francois fourtou

Von den immobilienkrisengeschüttelten Hedgefondsmanagern scheint der Kunstbetrieb nicht zu leben. Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls der Trubel während des langen Kunstwochenendes in Berlin, das noch bis morgen andauert. Denn: Es wird fleißig gekauft. Neben dem Art Forum gibt es drei weitere Messen, insgesamt 320 Galerien aus aller Herren Länder und aus allen Kontinenten sind in der Stadt. Parallel dazu ging im Hamburger Bahnhof der Preis der Nationalgalerie für Junge Kunst an die Berliner Künstlerin Ceal Floyer, zwei Tage später eröffnete am gleichen Ort die Ausstellung des Schweizer Künstlers Roman Signer in der F. Ch. Flick Collection. Und, durchaus typisch für den heutigen Kunstbetrieb: Die Gemeinde weiß nicht so recht zu entscheiden, ob nicht Mike Kelleys Soloshow in der Galerie Jablonka doch aufregender ist als Signers intelligent-minimalistischer Kunst-Slapstick.

An jeder Berliner Ecke also derzeit Kunst. Vernissagen folgen auf Galerieneueröffnungen, Atelier- auf Sammlerbesuche, und danach folgt die Kunst der Party. Die Deutsche Bank, Sponsor des Deutschen Pavillons in Venedig, stellte am Samstag die XXL-Edition von Isa Genzken vor, der Erlös kommt zeitgeistgerecht einem Hilfsprojekt in Afrika zugute. Und auch das Kaufhaus mit dem der Kunst assoziierten Namen Galeries Lafayette machte am gleichen Tag tatsächlich eine kleine Galerie mit Skulpturen auf.

Vielleicht tangiert ja die Kapitalmarktkrise den Kunstbetrieb deshalb nicht, weil er einfach doch eine andere Klientel hat, die klugerweise in Gemälde, Skulpturen, Fotografien und Installationen investiert hat anstatt in Immobilienfonds? Denn auch wenn niemand vom schnöden Geld spricht - lieber handelt das 12. Art Forum von der Schönheit und nennt sich "About Beauty" -, die Investitionen an diesem Kunstwochenende summieren sich zu Millionen.

Doch was fiel als wahrhaft großartig auf beim Rundgang durch die Messe? Ganz sicher Carsten Nicolais Bühnenmo- dell mit erwartungsschürendem Flickerlicht und Minimalsound, das Judy Lybke (Eigen + Art, Berlin, Leipzig) für 48.000 Euro anbot. Oder Julian Rosefeldts Backstage-Bollywood-Videoloop "Lonely Planet" bei Arndt & Partner (Berlin, Zürich). Ihre ansteckende Vitalität machte den fehlenden zwingenden Anlass der Inszenierung vergessen. Thomas Hirschhorns eher kleinformatige Collagen am gleichen Stand waren dann aber typisches Beispiel für speziell für die Messe hergestellte Arbeiten. Und davon zeigte das diesjährige Art Forum insgesamt reichlich.

Dagegen half auch die von Ami Barak kuratierte Sonderausstellung "House Trip" nicht. Sehr fashionable wollte der Pariser Kurator den gegenseitigen Einfluss von Wohndesign, Architektur und Kunst aufzeigen, leider in einem Set, das weder Wohndesign noch Architektur kannte. Kein deutsches Stadttheater würde heute den Bretterbau, der entlang eines gewundenen Flurs brav Zimmer an Zimmer reihte, eine Idee nennen. Die Kunst drängt sich so eng, dass gute Arbeiten wie etwa das Bühnenbild von RothStauffenberg, in dem subtiler Sound und raffiniertes Licht die Skulptur in den Film und das Standbild in die Erzählung überführen, im Gewirr des "House Trip" unterzugehen drohen. Fair enough: RothStauffenberg wurden per Wildcard eingeladen, sie werden von Esther Schipper vertreten, die nicht auf der Messe ist.

Falls Schönheit auch Unbeschwertheit meint, fand sie sich am ehesten im Wedding, auf dem 4. Berliner Kunstsalon. Beim aktuellen Trend zur figürlichen Plastik steht Cora Volz bei Tammen (Berlin) sicher an vorderster Front. Allerdings besticht ihre künstlerische Formulierung des Bilds der modernen jungen Frau durch ein scharfsinniges Zusammenspiel von Form und Material, von Gips und Textilien, von akademischer Klassizität und popkulturellem Alltag. Manets moderne junge Frau in der "Bar in den Folie Bergères" ist in Ralf Brögs farbanalytischem abstrakten Siebdruck dann nicht mehr so recht zu erkennen, bewahrt aber rätselhafterweise die Manetsche Stimmung. Brögs konzeptuelle Malerei war auf der Preview im Hangar 2 des Flughafens Tempelhofs zu entdecken (Sitegalerie, Düsseldorf). Die Berliner Liste am Gleisdreieck schließlich suchte deutlich den Anschluss ans Art Forum. Hier waren Manuel Sendóns Farbfotografien von von Bauplanen verhangenen Gebäuden bei C5 Colección aus Santiago de Compostela jeden Cent der 1.700 bis 2.500 Euro wert, die sie kosten. Doch, ja, es braucht Geld, nicht Schönheit, wenn es um Kunst geht. BRIGITTE WERNEBURG

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