Grundeinkommen: Ein Menschenrecht!

In Basel tagte am Wochenende der zweite Grundeinkommens-Kongress. Die Szene ist zerstritten, weltweit gibt es kaum messbare Erfolge - doch die Linken sind nicht mehr unter sich.

Ein Grundeinkommen sollte ein Menschenrecht sein. Sollte. Bild: dpa

Ein Grundeinkommen ist ein Menschenrecht, darüber ist sich die Szene einig. Aber wie soll es aussehen? Neue, populäre Modelle aus konservativen Kreisen sorgen für Verunsicherung. Und ein Blick auf die internationale Bewegung zeigt, dass auch die praktische Umsetzung schwierig ist und oft nicht mehr viel mit der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens zu tun hat, wie sie vom Netzwerk Grundeinkommen oder dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac verfochten wird. Auf dem zweiten deutschsprachigen Grundeinkommens-Kongress an der Universität Basel, der am Wochenende stattfand, waren die Linken deshalb auch nicht mehr unter sich: Auch einige Anhänger von Dieter Althaus (CDU) und dem Unternehmer Götz Werner fanden sich in Basel ein.

Diskutiert wurde deshalb auch die Frage, ob es ein Gütesiegel für "richtige" Grundeinkommensmodelle geben solle. "Falsch", so die Protagonisten dieser Idee, seien alle Modelle, die nicht den Kriterien des Netzwerkes Grundeinkommen entsprechen - nämlich individuell, existenzsichernd, bedingungslos und für alle zu sein. "Ein Modell wie das von Dieter Althaus steht schlicht in einer neoliberalen Tradition und hat nichts mit unseren Ansätzen zu tun", meinte Ronald Blaschke vom Netzwerk Grundeinkommen. Andere Teilnehmer wie Albert Jörimann, Vizepräsident des internationalen Grundeinkommensnetzwerkes B.I.E.N., freuten sich dagegen, dass die Politik das Thema überhaupt aufgreift.

Fakt ist, dass sich mittlerweile überall auf der Welt Initiativen zur Einführung eines Grundeinkommens bilden. Diese stehen in einem sehr unterschiedlichen Verhältnis zu den Standards des dezidiert linken Begriffs. "Nicht alle Beispiele, die genannt werden, stehen in direktem Zusammenhang mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen wie wir es uns vorstellen", sagte Jörimann. Ein Beispiel sei der Erdölfonds in Alaska. Die Bewohner bekommen einmal im Jahr eine Zahlung, mit der sie an den Erlösen aus der Rohstoffförderung beteiligt werden. Das, so Jörimann, sei aber eher eine bedingungslose - sehr geringe - Ausschüttung als ein Grundeinkommen.

Auch in Namibia und Sambia wird derzeit mit einer Art Grundeinkommen experimentiert: Während in Sambia die Weltbank und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) Regie führen, haben in Nambia Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen ein eigenes Projekt initiiert. "Der Unterschied zwischen beiden Modellen ist riesig", meinte Werner Rätz vom Netzwerk Grundeinkommen. In Sambia erhielten nur bestimmte Familien im Dorf eine monatliche Zahlung, anderen dagegen gar nichts. Das zerstöre die Solidarität in den Dörfern führe zu heftigen Auseinandersetzungen. In Namibia plant man ein Projekt, bei dem ein Dorf mit 1.000 Einwohnern für zwei Jahre lang mit einem Grundeinkommen versorgt werden soll. Die Zahlungen seien bedingungslos, in einer existenzsichernden Höhe und gingen an alle. Das sei aber nur ein Experiment, wie Rätz betonte.

Auch in Südafrika wird schon jahrelang für die Einführung eines Grundeinkommens gekämpft - bis jetzt ohne Erfolg. "Immerhin hat man es dort bis zur Gesetzesvorlage geschafft", sagte Jörimann. Das Engagement der Südafrikaner habe darüber hinaus auch die Initiative in Namibia inspiriert.

Das erste Land, in dem das Grundeinkommen wirklich zum Gesetz wurde, ist Brasilien. Mitinitiator war Arbeitsminister Eduardo Matarazzo Suplicy, der auch Mitglied im B.I.E.N ist. Insgesamt betrifft dieses Programm elf Millionen Familien, die 50 Euro im Monat bekommen. Sie müssen dafür allerdings eine Reihe von Bedingungen erfüllen - beispielsweise ihre Kinder zur Schule schicken und ein bestimmte Zeit lang in der Stadt gelebt haben, in der sie das Geld beantragen. Dadurch sei die Armut zwar reduziert worden, erklärte Rätz. Aber es gebe sehr viele Menschen, die genauso arm wären und nichts bekämen. Zudem sei die Zahlung so gering, dass Armut damit nicht aus der Welt geschafft würde.

"Unsere Ansätze in Europa sind mit denen im Süden nur schwer vergleichbar", erklärte B.I.E.N-Vertreter Jörimann. Hierzulande würde die Einführung eines Grundeinkommens Armut abschaffen können. In Entwicklungs- und Schwellenländern dagegen werde Armut mit einem Grundeinkommen oftmals nur gelindert. Und: Die Klassengegensätze im Süden blieben weiterhin bestehen.

Was die Bewegung zusammenhalte, sei der einheitliche Menschenrechtsbegriff: "Wir gehen sogar so weit zu behaupten, dass das Grundeinkommen ein Menschenrecht ist." Auch wenn das angesichts der weltweiten Lage hehre Ansprüche sind, klingt es wenigstens sehr entschlossen. Vielleicht kommt dann bald jemand auf die Idee sein Grundeinkommen einzuklagen - was für eins, bleibt vorerst offen.

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