Müllabfuhr: Private gegen Mehrwertsteuer auf Müll

Private Müllentsorger beschweren sich bei der EU-Kommission: Anders als die kommunale Müllabfuhr zahlen sie Mehrwertsteuer. Die Kommunen sehen sich dennoch im Recht.

Viel Müll, keine Mehrwertsteuer. Bild: dpa

Wer in Deutschland zur Fußpflege geht, der muss dafür 19 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen. Wer sich fachkundig massieren lässt, ist von der Steuer befreit: Massagen zählen zu Gesundheitsleistungen, und die sind in Deutschland generell befreit von der Mehrwertsteuer, die offiziell Umsatzsteuer heißt.

Zwei Beispiele aus der nicht immer logischen Steuerpraxis in Deutschland. Die Liste der Leistungen, die in Deutschland das Mehrwertsteuerprivileg genießen, ist lang: Sechs eng bedruckte Seiten listet das Umsatzsteuergesetz auf. Private Unternehmen empfinden die ungleiche Behandlung als Wettbewerbsnachteil. "Es ist, als würde in einem 100-Meter-Rennen der eine in den neuesten Rennschuhen und der andere in Skistiefeln laufen", sagt Stephan Harmening vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE). Am Dienstag haben die privaten Müllentsorger bekanntgegeben, sich bei der EU-Kommission gegen das Steuerprivileg kommunaler Müllentsorger zu beschweren. "Die Befreiung öffentlicher Entsorgungsbetriebe von der Umsatzsteuer verstößt gegen EU-Recht und verzerrt die Wettbewerbsbedingungen", sagte Harmening. Er argumentiert, gemäß der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie dürfen Unternehmen nur von der Steuer befreit werden, wenn sie Tätigkeiten exklusiv ausführen. "Das gilt aber nicht für die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushalten", sagte Harmening. Die kommunalen Müllunternehmen sehen das natürlich anders. Karin Opphard, Geschäftsführerin des Verbands Kommunale Abfallwirtschaft, bezweifelt sogar, dass es im Bereich der Müllentsorgung überhaupt Wettbewerb gibt. "Die Abfallwirtschaft ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und unterliegt dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht", sagte Opphard der taz. Prinzipiell seien die Kommunen für die Müllentsorgung zuständig. "Private Unternehmen werden erst tätig, wenn Kommunen Aufträge an sie vergeben." Damit werde sichergestellt, dass alle Bürger zu gleichen Preisen und Standards ihren Müll loswerden. "Kommunale Betriebe sind ein Garant gegen Lohndumping, eingeschränkte Leistung und schlechte Qualität", sagte Opphard. Sie ist deshalb von der BDE-Beschwerde "nicht sonderlich beunruhigt".

So schlecht können die Privaten jedoch nicht sein, denn sie spielen bei dieser hoheitlichen Aufgabe eine immer wichtigere Rolle: 60 Prozent des Haushaltsmülls entsorgen private Firmen. BDE-Chef Harmening fordert deshalb faire Wettbewerbsbedingungen und behauptet: "Private Wasser- und Entsorgungsbetriebe zahlen Umsatzsteuer und arbeiten trotzdem wirtschaftlicher als kommunale Eigenbetriebe."

Die angeblich höhere Wirtschaftlichkeit hat jedoch ihren Preis: "Die Privaten sind billiger, weil sie ihre Mitarbeiter sehr viel schlechter bezahlen und sie sozial weniger absichern als die Kommunen", sagt Professor Lorenz Jarass, der jedoch die Müllentsorgung nicht für eine hoheitliche Aufgabe hält. Aber selbst wenn die EU-Kommission das Steuerprivileg der Kommunen kippen sollte, dürfte die Müllbeseitigung für den Endkunden nicht billiger werden: "Was bisher angeblich höhere Kosten bei den kommunalen Betrieben verursacht, schöpfen danach die privaten Entsorger als Gewinn ab", sagte Jarass.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.