Computer gecrackt: Spionage in der Agentur

Pressesprecher des niederländischen Sozialministeriums brachen in Computer der Nachrichtenagentur GPD ein. Das jedenfalls behauptet der Chefredakteur.

Spionage, lautet der Vorwurf, den Marcel van Lingen erhebt. Er ist Chefredakteur der niederländischen Nachrichtenagentur Geassocieerde Pers Diensten (GPD). Und er beschuldigt Beamte des niederländischen Sozialministeriums, monatelang illegal in das Redaktionssystem der Agentur eingedrungen zu sein. In mindestens einem Fall hätten sie versucht, Artikel vor der Veröffentlichung zu verändern, so van Lingen am Montag. Die Journalistengewerkschaft NVJ und die Vereinigung der Chefredakteure sprachen von einer "schweren Verletzung der Pressefreiheit". GPD erwägt, Strafanzeige zu erstatten. Das Sozialministerium bestätigte die Berichte und leitete interne Ermittlungen ein.

Nach Informationen der Tageszeitung NRC Handelsblad handelt es sich bei den Beamten um die Pressesprecher des Ministers, Piet-Hein Donner, und des Staatssekretärs. Der Zeitung zufolge hatte sich Donners Sprecherin mit Hilfe der Zugangscodes ihres bei GPD beschäftigten Ehemanns Zugang zu dem internen Netzwerk verschafft und dort noch nicht veröffentlichte Artikel und Planungen einsehen können. Nachdem ihr Ehemann ebenfalls Sprecher im Ministerium geworden war, hätten beide die Codes und Passwörter eines anderen GPD-Journalisten ohne dessen Wissen benutzt.

Aus dem Ministerium hieß es, die Einbrüche in das Netzwerk seien bedauerlich, die Beamten hätten die Artikel aber nur gelesen und nichts geändert. Jos Timmers, der stellvertretende Chefredakteur von GDP, sagte dagegen der taz, die Beamten seien in mindestens einem Fall "nicht nur neugierig" gewesen, sondern hätten versucht, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. So hätten sie Mitte Oktober nach der Lektüre eines noch nicht veröffentlichten Textes in der Redaktion angerufen, um sie zu bewegen, vermeintliche Fehler zu korrigieren.

Daraufhin sei man bei GPD davon ausgegangen, dass entweder GPD-Mitarbeiter Informationen nach außen gegeben hätten oder dass von außen auf die Agenturcomputer zugegriffen worden sei. Die Chefredaktion startete eine technische Untersuchung, die ergab, dass zwischen Juni 2006 und Oktober 2007 mindestens 360-mal in die GPD-Computer eingebrochen worden war. Nun prüfen auch die Nachrichtenredaktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, des Privatsenders RTL und die Agentur ANP ihre Netzwerke.

Die GPD ist eine Nachrichtenagentur für die 17 regionalen Zeitungen des Landes. Das Computernetzwerk ist nach Angaben von Chefredakteur Marcel van Lingen gut geschützt. Nur wenige Redakteure hätten Zugang. Außerdem würden die Zugangscodes monatlich verändert, um zu verhindern, dass ehemalige Mitarbeiter sich weiterhin einloggten.

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