Mit Steuerrecht gegen „Extremisten“

Steinbrück plant Gesetzesänderung zur Aberkennung von Gemeinnützigkeit. Dies trifft nicht nur Rechtsradikale

FREIBURG taz ■ Das Finanzministerium will „extremistische Vereine von der Gemeinnützigkeit ausschließen“. Das kündigte Minister Peer Steinbrück (SPD) vorige Woche an. Es handelt sich allerdings eher um eine symbolische Gesetzesänderung. Sie soll wohl dafür entschädigen, dass die SPD mit ihren Versuchen für ein neues NPD-Verbotsverfahren nicht vorankommt.

Steinbrück will in den Regelungen zur Gemeinnützigkeit von Organisationen ab Januar 2009 folgenden Passus einfügen: „Die Steuervergünstigung setzt voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung kein extremistisches Gedankengut fördert und sich im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung hält.“ Diese Ergänzung von Paragraf 51 der Abgabenordnung soll Teil des Jahressteuergesetzes 2009 werden. Bisher liegt ein Referentenentwurf des Ministeriums vor, am 4. Juni wird das Bundeskabinett den Gesetzentwurf wohl beschließen.

Bisher fehlte eine derartige Regelung in der Abgabenordnung. Manche Medien sahen deshalb in der Regelung eine Neuerung. „Die Bundesregierung will extremistischen Vereinen die steuerlichen Privilegien streichen und sie so finanziell austrocknen“, berichtete etwa die Süddeutsche Zeitung.

Tatsächlich soll sich durch die Gesetzesänderung nichts ändern. Dies zeigt schon ein Blick in die Begründung des Gesetzentwurfs, wo von einer Klarstellung die Rede ist, die „der bisherigen Behandlung durch die Finanzverwaltung entspricht“.

Im Anwendungserlass für die Abgabenordnung heißt es schon seit langem: „Eine Körperschaft kann nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie sich bei ihrer Betätigung im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung hält.“

Der Erlass verweist auf ein Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 1984. Im Fall einer linken Anti-Atom-BI entschied damals das oberste deutsche Finanzgericht, dass die Gemeinnützigkeit zu entziehen ist, wenn sich ein Verein nicht „im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung“ hält. Hierzu genüge bereits die „Ankündigung von gewaltfreiem Widerstand“ oder der „Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen“. Seitdem muss zum Beispiel Greenpeace immer wieder um die Gemeinnützigkeit bangen, weil es zu Aktionen gegen Genmais-Felder aufruft oder sich nicht eindeutig davon distanziert.

Neu an Steinbrücks Gesetzentwurf ist nur der Verweis auf „extremistisches Gedankengut“. Entgegen der Begründung könnte hier also doch eine Verschärfung vorliegen, weil es nicht mehr auf gesetzeswidriges Verhalten ankäme und schon die bloße extremistische Gesinnung genügen könnte. Ein Sprecher Steinbrücks wollte das aber nicht bestätigen. CHRISTIAN RATH