buchpreis, leipzig etc.
: Der Geheimtipp der Buchmesse

Wie schnell das ging! Innerhalb von drei, vier Jahren haben sich diese Buchpreise durchgesetzt. Inzwischen geht die literarische Frühjahrssaison erst richtig los, wenn die Nominierten des Preises der Leipziger Buchmesse feststehen – und das gilt bei der Herbstsaison mit den Nominierten zum Deutschen Buchpreis, der zur Frankfurter Buchmesse verliehen wird, noch viel mehr. Bei letzterem Preis sind auch noch hohe Auflagen drin; deren Gewinner, zuletzt Julia Franck, wurden automatisch zu Bestsellern. Das hat der Frühjahrspreis noch nicht geschafft. Aber das kann ja noch werden – nun wurde die Shortlist dieses Jahres verkündet.

Unter den fünf Nominierten in der Sparte Belletristik finden sich drei erwartbare Namen. Jenny Erpenbeck („Heimsuchung“), Clemens Meyer („Die Nacht der Lichter“) und Feridun Zaimoglu („Liebesbrand“) werden alle Literaturredaktionen dieser Republik auf ihren Listen gehabt haben. Diese Auswahl hat also etwas im guten Sinn Solides. Was allerdings auffällt – und zwar positiv –, ist, dass man gar keine Lust mehr hat, von junger deutscher Literatur zu sprechen. Die Schriftsteller, um die es sich gerade oft dreht, sind so selbstverständlich gerade mal vierzig, dass das Attribut „jung“ wie aufgepappt wirken würde. Und die Alten, Martin Walser mit seinem Goethe-Liebesroman etwa, laufen ebenso selbstverständlich außerhalb des Wettbewerbs (sie haben auch genug Preise gesammelt in ihrem Leben!).

Der vierte Kandidat ist Ulrich Peltzer, dessen im vergangenen Herbst erschienener Roman „Teil der Lösung“ beim Preis der Frankfurter Buchmesse schmählicherweise nicht in die engere Auswahl gekommen war. Und der fünfte Kandidat hat das Zeug zu einer echten Entdeckung: Sherko Fatah heißt er, im Verlag Jung und Jung wird sein Roman „Das dunkle Schiff“ bald erscheinen, ein 1964 in Ost-Berlin geborener Autor, dem zuletzt der Ruf des Geheimtipps vorauseilte. 2004 besuchte er seinen Vater im Nordirak und begann mit Recherchen zu seinem neuen Roman, das das Leben und die Taten von Gotteskriegern in einer Sprache beschreibt, die vor drastischem Realismus nicht zurückschreckt. „Es ist nicht damit getan, Ideen wiederzugeben, Worte, Predigten. Das tue ich auch. Doch man muss wissen, wofür die Menschen mobilisiert werden. Dazu muss man das Ausmaß ihrer Taten kennen“, sagte Sherko Fatah gerade in einem Interview im Börsenblatt. Vom Geheimtipp ist er – so schnell geht das manchmal! – zum Geheimfavoriten des Preises der Leipziger Buchmesse avanciert. DIRK KNIPPHALS