Up, Up and away in my beautiful balloon

In „Zeppelin!“ von Gordian Maugg fliegt die Kamera durch die Zeiten

Eine kurze Zeit lang schwebten sie als eine geglückte Vereinigung von Technik und Poesie durch die Lüfte. Die Eleganz und Ruhe eines fliegenden Zeppelins wirkte im frühen 20. Jahrhundert wie das Versprechen einer schönen, neuen Welt, und die Explosion der „Hindenburg“ am 6. Mai 1937 im amerikanischen Lakehurst, durch die jene Ära der so friedlich wirkenden Luftschiffe zuende ging, wirkte dann wie ein Menetekel, das andere, schlimmere Zeiten ankündigte. Diese Aufbruchsstimmung sowie die nachfolgende Ernüchterung fängt Gordian Maugg in seinem Spielfilm „Zeppelin!`“ eindrucksvoll ein. Der Film basiert zwar auf dem gleichnamigen Roman von Alexander Häusser, wirkt aber nie wie eine Literaturadaption. Aber auch als einen Spielfilm im herkömmlichen Sinne kann man ihn kaum bezeichnen, dafür ist er zu collagenartig, vermischt Fakt und Fiktion zu spielerisch, kehrt sich zu wenig um eine stringente Dramaturgie.

Mauggs Talent liegt darin, längst vergangene Stimmungen wieder heraufzubeschwören. Dies tat er schon 1993 in seinem Debüt „Der olympische Sommer“ und im Jahr 2000 wieder in seiner norddeutschen Seemannselegie „Hans Warms“. Seine Methode besteht darin, historisches Filmmaterial mit selbst gedrehten Sequenzen so zu mischen, dass man im Idealfall Original und Nachschöpfung nicht voneinander unterscheiden kann. In „Zeppelin“ sieht man eine Vielzahl von Wochenschauaufnahmen und anderen dokumentarischen Filmausschnitte. Im gleichen Schwarzweiß und mit Statisten, deren Gesichter kaum etwas Zeitgenössisches an sich haben, hat Maugg daneben seine Sequenzen aus dieser Zeit montiert, in denen von vier jungen Menschen erzählt wird, deren Leben durch sich durch die Zeppeline dramatisch veränderte. Robert ist ein begeisterungsfähiger junger Handwerker, der so sehr vom Luftschiff-Virus infiziert ist, dass er nach Friedrichshafen zieht, um dort in der Zeppelinwerft zu arbeiten. Er verliebt sich in die selbstbewusste und moderne Thea und schließt Freundschaft mit ihrem Bruder Konrad, der in der Werft als Konstrukteur arbeitet. Der grüblerische Karl ist auch in Thea verliebt, aber diese heiratet Robert, obwohl dessen große Liebe offensichtlich die Flugschiffe sind. Die schicksalhaften Verwicklungen dieser vier Menschen haben Auswirkungen, die zwei zukünftige Generationen beeinflussen, und so spielt der Film in drei Zeitebenen und Stilformen: im klassisch schwarzweiß der 30er Jahre, in einer körnigen Farbigkeit der 70er Jahre, in denen der inzwischen erwachsene Sohn von Thea und Robert in einer existentiellen Krise gerät und schließlich in die modern wirkende Fernsehfilm-Optik des Jahres 2005, in dem Roberts Enkel Mathias versucht, das dunkle Geheimnis des Todes seines Großvaters in der Katastrophe von Lakehurst zu lüften.

Erzählerisch kann das nicht immer überzeugen - so ist die Auflösung des Rätsels um Roberts Tod alles andere als plausibel und psychologisch stimmig. Doch das verzeiht man Maugg gerne, denn stilistisch und atmosphärisch ist ihm hier ein großer Film gelungen. Für jede Ära hat er die passenden Bilder gefunden, und mit wackeligen Super-Acht-Filmen, Familienfotos und halbverbrannten Briefen stellt er auch die Medien in den Mittelpunkt, auf denen die Spuren der Erinnerung bewahrt werden. Für die aufwendigen Sequenzen aus den 30er Jahren hat Mauggs Team vor drei Jahren auf dem Gelände der ASL in Lemwerder gedreht. Direkt danach wurden die Hangars abgerissen - auch hier ging eine Ära der Luftfahrt zu ende. Wilfried Hippen