Die Ehren des Herrn Glogowski

Der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident soll zum Braunschweiger Ehrenbürger gekürt werden. Die Ratsopposition der Stadt klagt: Gerhard Glogowski ist ein schlechtes Vorbild

Der 1943 geborene Gerhard Glogowski (SPD) brachte es in seiner politischen Karriere bis zum niedersächsischen Innenminister (1990 – 1998) und wurde nach Gerhard Schröders Aufstieg zum Bundeskanzler Ministerpräsident des Landes. Nach 14 Monaten Amtszeit aber musste er im Dezember 1999 zurücktreten unter dem Vorwurf dienstliche und private Belange unsauber getrennt und Privatreisen zum Teil dienstlich abgerechnet zu haben. Auch in Braunschweig war Glogowski für Negativ-Schlagzeilen gut. So soll er 2001 mit dafür gesorgt haben, dass Anteile der städtischen Versorgungs AG einem ausländischen Investor weit unter Wert angeboten wurden und auch für einen Müllentsorgungs-Vertrag verantwortlich zeichnen, der den betroffenen Haushalten überhöhte Abfallgebühren bescherte.  MAC

VON MARCO CARINI

Der Mann ist aller Ehren wert. Ehrensenator der Technischen Universität Braunschweig ist er schon lange. Erst Anfang Dezember wurde Gerhard Glogowski auch zum Ehrenpräsidenten von Eintracht Braunschweig gewählt – viele Vereinsmitglieder waren einfach froh, so unkten seine Kritiker, den niedersächsischen Ex-Ministerpräsidenten auf diese Art und Weise als amtierenden Clubchef losgeworden zu sein.

Am Dienstag brachte die Ratsversammlung Braunschweigs nun die Ernennung des 64-jährigen zum Ehrenbürger der Stadt Braunschweig auf den Weg. Als zweite noch lebende Person nach dem früheren Ratsherrn Friedrich Theodor Kohl soll der Ex-Landeschef die höchste Auszeichnung der Stadt erhalten.

Neun Jahre lang, von 1976 bis 1981 und zwischen 1986 und 1990, hatte der gebürtige Hannoveraner die Stadt als Bürgermeister geführt. Doch die vom seinem amtierenden Amtsnachfolger Gert Hoffmann (CDU) initierte Würdigung löste bei der Ratsopposition harsche Kritik aus. Die Bürger-Initiative Braunschweig (BIBS) und die Abgeordneten der Linken stimmten nach einer emotional und kontrovers geführten Debatte gestern gegen die Ehrung, die Grünen enthielten sich.

Während CDU, SPD und FDP in großer Koalition Glogowskis „bleibende Verdienste“ für die Stadt und seine „politische Lebensleistung“ würdigten, legten die anderen drei im Rat vertretenen Fraktionen ihr Augenmerk auf andere Dinge. „Glogowskis Verdienste sind unbestritten, genauso allerdings auch seine Schattenseiten“, sagt etwa Gisela Witte, die für die Grünen im Braunschweiger Rat sitzt. Noch in der Debatte hatte die Abgeordnete vorgeschlagen, „den Vorschlag wieder vom Tisch zu nehmen“, um so eine öffentliche Diskussion „über Verdienste und Verfehlungen von Gerhard Glogowski“ zu vermeiden.

Doch dazu war es nun zu spät. Besonders die BIBS ging mit dem Ehrenbürger in spe hart ins Gericht. Glogowski habe allzu oft „hemdsärmlich Politik mit persönlichen Vorteilnahmen und Vetternwirtschaft zum berühmt-berüchtigten Brauschweiger Filz vermischt“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Michael Walther. Durch mehrere von Glogowski eingefädelte Verträge (siehe Kasten) seien der Stadt und ihren Bürgern Nachteile und erhebliche finanzielle Schäden entstanden. Udo Sommerfeld, Fraktionschef der Linken, warf dem Sozialdemokraten darüber hinaus „eine ausgrenzende Politik gegenüber linken Gruppen und Verbänden Braunschweigs“ vor, aus der „für die Stadt schädliche Polarisierungen entstanden“ seien.

An der Ehrenbürgerwürde, die am 11. Februar im Rahmen einer Feierstunde anlässlich des 65. Geburtstags Glogowskis verliehen werden soll, ändert diese Kritik allerdings nichts. „Mit bösartigen Diffamierungen und Verunglimpfungen habe die BIBS Stimmung gegen die Verleihung der Ehrenbürgerwürde gemacht“, bügelte der CDU-Ratsvorsitzende Wolfgang Sehrt die Anfeindungen ab. Der Ex-Ministerpräsident sei halt „ein Mann mit Ecken und Kanten“, der sich „nicht nur Freunde gemacht“ habe, weiß der SPD-Mann Klaus Winter, ein langjähriger politischer Weggefährte Glogowskis. So heißt es denn nun: Viel Feind, viel Ehr.

Dass nun ausgerechnet die CDU sich um Glogowskis Ehrenbürgerwürde so bemüht, hält die BIBS für einen „strategischen Schachzug in der heißen Phase des niedersächsischen Wahlkampfs“. Die SPD solle so „zur Solidaritätsbekundung mit einer ihrer umstrittensten Persönlichkeiten gezwungen“ werden.

Eine Verschwörungstheorie von der die beiden großen Parteien der Stadt allerdings nichts wissen wollen.