„Unterwerfung!“

Eine dänische Rechtspartei schürt die irrationale Angst vor einer Art Scharia – und (fast) alle schüren kräftig mit

Arme Däninnen. Und Dänen. Im Gerichtssaal droht ihnen demnächst der „Schleier der Tyrannei“: Richterinnen mit Burka, die anhand von Scharia-Gesetzen nicht mehr Recht sprechen, sondern „Unterwerfung“ fordern! Das suggeriert ihnen jedenfalls eine aktuelle Anzeigenkampagne der rechtspopulistischen „Dänischen Volkspartei“. Die damit auf eine im Übrigen bislang höchst theoretische Entscheidung der Justizverwaltung reagierte. Muslimischen Frauen als Richterinnen oder Schöffinnen sei es grundsätzlich zu gestatten, auch hinter dem Richtertisch Kopftuch zu tragen, legte die Behörde kürzlich fest.

Begründung: Es zwinge ja auch niemand eine christliche Richterin in Dänemark, ihre Halskette mit Kreuz abzulegen, bevor sie Recht spricht. Und auch ein gläubiger Jude dürfe seine Kippa auf dem Kopf behalten.

Dass die „Dänische Volkspartei“ eine solche Gelegenheit nicht auslassen kann, um mit übelster Muslimhetze und dem Aufschrei „Gebt uns Dänemark zurück!“ zu reagieren, war abzusehen. Selbst für dänische Verhältnisse aber doch einigermaßen unerwartet kam die Reaktion der „seriösen“ Parteien. Regierungschef Anders Fogh Rasmussen kündigte umgehend eine Gesetzesinitiative gegen religiöse Symbole bei Richtern und Schöffen an. Wohlgemerkt nur für spezielle Symbole: Solche für „andere“ Religionen. Welche in Dänemark für „Unsicherheit“ sorgen könnten.

Kreuz und auch Kippa also weiterhin okay. Schleier nicht. Da wollten die oppositionellen Sozialdemokraten sich nicht lumpen lassen und legten gleich noch mit der Forderung nach, ein Kopftuchverbot für „Amtspersonen“ insgesamt zu verhängen. Wobei man zu diesen neben Richterinnen, Polizistinnen und Soldatinnen auch gleich noch Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen und Sozialarbeiterinnen zählte.

Es blieb einem Außenminister im Ruhestand überlassen, seinem Parteikollegen und jetzigen Regierungschef die Leviten zu lesen. Uffe Ellemann-Jensen verurteilte vergangene Woche die Kampagne als „Angriff auf grundlegende dänische Werte“ und wies alle Überlegungen, hier den Gesetzgeber tätig werden zu lassen, zurück.

Im Gegenteil sei es endlich an der Zeit, dass sich alle Demokraten gegen solche Volksverhetzung wehren müssten. Am Mittwoch folgte nun offene Kritik an Rasmussen & Co. aus seinem eigenen Kabinett. Integrations- und Kirchenministerin Birthe Rønn Hornbech wetterte in einem Medienbeitrag gegen „fanatische Antimuslime“, welche der Bevölkerung suggerierten, dem Richterberuf drohe eine Invasion verschleierter religiöser Fanatikerinnen.

Die liberale Kopenhagener Tageszeitung Politiken lässt dies zumindest ein wenig hoffen: Offenbar hätten nicht alle in der Regierung vergessen, dass Dänemark internationale Menschenrechtskonventionen unterzeichnet habe, mit denen ein gezieltes Kopftuchverbot unvereinbar sei.

REINHARD WOLFF