Das Kino, mein Leben

Mit der Leidenschaft für die Musik hat es begonnen. Seit 25 Jahren sind auch Filme und Fotos Peter Sempels Passion. Am Mittwoch feiert sein neuer Film „Flamenco Mi Vida“ im Metropolis Premiere

Anfang der 80er, berichtet Dietrich Kuhlbrodt, sind im Metropolis-Kino folgende Sätze gefallen, während der sie Sprechende mit dem Finger auf den damals am Beginn seiner Filmemacherkarriere stehenden Peter Sempel zeigte: „Der nervt bei der Förderung. Der schafft das noch mit seinem Zeugs ins Kino. Das ist doch gar nicht richtig Film. Der hat sie doch nicht alle.“ Damals hatte Sempel gerade seine ersten Punk-Filme gedreht. Der Auslöser, mit dem Filmen und Fotografieren zu beginnen, war die Liebe zur Musik, zum Punk, zur Poesie, zur Philosophie und auch zur Klassik. „Often visiting opera, ballet and punk concerts in same evening“, kann man dazu auf Sempels Internetseite lesen.

Das Rüstzeug für das, was dem Filmkritiker vor 25 Jahren nur „Zeugs“ und „gar nicht richtig Film“ sein mochte und auch heute noch fast ausschließlich in Off-Kinos und auf Festivals zu sehen ist, hat sich Sempel selbst beigebracht. Hier geboren, ist er im australischen Outback aufgewachsen, ohne fließendes Wasser, Strom und Fahrrad, aber mit Radio und Känguru im Garten. Nach seiner Rückkehr 1968 hat er Literatur und Sport studiert – und in 56 unterschiedlichen Jobs den Rest.

Mitte der 80er hat Sempel angefangen, längere Filme zu drehen: „Der wilde Rabe“, ein Musikfilm nach Edgar Allen Poe mit Musik von den „Einstürzenden Neubauten“ und Mozarts Requiem, 1988 „Dandy“, eine Art Blixa-Bargeld-Porträt. 1991 dreht Sempel „Just Visiting the Planet“, eine Hommage an den damals 84-jährigen japanischen Butoh-Tänzer Kazuo Ohno: assoziativ komponierte Bilder und Töne, der Meister improvisiert in der Natur und den Straßen von New York, ein japanischer Kindergarten probt den Tanz, der Meister unterrichtet Studenten. Die Musik stammt wieder von den „Neubauten“ und Nick Cave, dazu gesellt sich diesmal Schuberts „Winterreise“. 1994 folgt „Jonas In The Desert“, eine Doku über den Avantgardefilmkünstler Jonas Mekas, 1999 eine chaotische Porträt-Collage über Nina Hagen und 2002 eine über Lemmy von Motörhead.

Sempels neuer Film stimmt wieder leisere Töne an. „Flamenco Mi Vida“ ist, wie der eher Abgeschmacktes erwartbar machende Titel deutlich macht, ein Film über Flamenco. Doch so „richtig“ Dokumentarfilm natürlich nicht. Informieren tut man sich über Ursprünge, Formen und Stars des Flamenco besser woanders. Hier kann man sie stattdessen erleben. Von Sevilla bis Yokohama folgt Sempel der Spur einer Leidenschaft, filmt Profis, Schüler, Afficianados. Und setzt dabei nicht einfach Schritt auf Schritt. Der Flamenco ist schließlich kein Standardtanz, sondern ein Zustand, ein Gefühl. Wie mitreißend das sein kann, genau das zeigt Sempel.ROBERT MATTHIES

Mi, 14. 5., 21.15 Uhr, Metropolis, Dammtorstraße 30a. Weitere Termine: 15. 5. 17 Uhr; 17. 5., 19 Uhr; 19. 5., 21.15 Uhr; 20. 5., 19 Uhr; 21. 5., 17 Uhr