Demo gegen Überwachungswahn

Ein Bündnis lädt zum Protestzug gegen staatliche Eingriffe in die Privatsphäre

FRANKFURT/MAIN taz ■ Privatsphäre sei wie Sauerstoff, sagen die Aktivisten vom „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“, einem losen Zusammenschluss von Bürgerrechtsgruppen und Datenschützern überall in Deutschland. Doch die „ausufernde Überwachung durch Staat und Wirtschaft“, so Arbeitskreissprecher Ralf Bendrath aus Berlin, raube den Bürgen die Luft zum Atmen. Das Bündnis und seine rund zehn Unterstützerorganisationen, zu denen der Chaos Computer Club und die Humanistische Union gehören, rufen deshalb für diesen Sonnabend zu einer Demonstration gegen den „Sicherheits- und Überwachungswahn“ auf.

Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ soll vom Frankfurter Hauptbahnhof aus zur Paulskirche gezogen werden. Schließlich seien in der Paulskirche 1848 die ersten Grundrechte auf deutschem Boden erarbeitet worden, heißt es in dem Aufruf zur Demo, die auch vom Bundesvorstand der Grünen und den Frankfurter Antifaschisten mitgetragen wird – eine in den letzten Jahren eher seltene Allianz.

„Egal was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind – der große Bruder Staat und die kleinen Brüder aus der Wirtschaft wissen es schon heute immer genauer“, klagen die Bürgerrechtler. Mit der Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten und den Onlinedurchsuchungen von Privatcomputern stünden jetzt weitere Überwachungsbefugnisse für staatliche Stellen auf der politischen Agenda.

Der „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“ (www.vorratsdatenspeicherung.de) wendet sich gegen die ganze Palette der Maßnahmen von Staat und Privatwirtschaft zur Erfassung und Überwachung der Bevölkerung. Dabei gehe es nicht nur um die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten und die elektronische Durchsuchung von Computern, sondern auch um die automatische Autokennzeichenerfassung und deren Abgleich mit Fahndungsdateien und die Fluggastdatenübermittlung in die USA. Die Bürgerrechtler wenden sich weiter gegen die Nutzung biometrischer Methoden zur Personenerkennung – hier läuft ein Feldversuch des BKA am Hauptbahnhof in Mainz – und die Verwendung von Chip-Daten aus Pässen und Visa (siehe Bericht oben) sowie gegen die Videoüberwachung überall. Der Wirtschaft werfen die Bürgerrechtler vor, über detaillierte Kundenprofile von allen Bürgern verfügen zu wollen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT