Union: Konsens ist Nonsens

Die SPD kommt mit ihrem Kompromisskurs in der Einwanderungsfrage nicht weit: Die CSU blockt ganz ab, die CDU empfiehlt das eigene Konzept. Die Grünen wollen Asylrecht erweitern

BERLIN taz ■ Die Union lässt den Konsenskanzler auflaufen. Kaum hatte sich die rot-grüne Koalition auf einen „Fahrplan“ für ein Einwanderungsgesetz geeinigt, da verkündeten CDU- und CSU-Politiker gestern, dass sie keine Basis für eine Einigung im überparteilichen Konsens sähen.

Unions-Fraktionschef Friedrich Merz lehnte das Angebot zu Sondierungsgesprächen gestern ab. „Wir machen keine runden Tische. Der runde Tisch steht im Parlament. Es wird keinerlei Konsensrunden mit uns geben“, sagte er. Merz empfahl der Koalition stattdessen, das Zuwanderungskonzept der Union einfach zu übernehmen. „Die Position der Union ist nur im Ganzen zu haben.“

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sagte, durch Konsensrunden würden Parlament und Öffentlichkeit ausgeschaltet, und dies mache die CSU „aus demokratischer und parlamentarischer Selbstachtung“ nicht mit. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU), Autor des Unions-Zuwanderungskonzepts, sagte, auf „ein paar Grundsätze“ könne man sich verständigen, etwa auf das Motto: „Qualifikation vor Zuwanderung“. Müller wollte nicht ausschließen, dass Zuwanderung ein Thema im Wahlkampf 2002 wird.

Genau dies will Rot-Grün unbedingt verhindern. Der am Montagabend festgelegte „Fahrplan“ sieht vor, dass die SPD im Juli ihre „Eckpunkte“ beschließt. Die Sommerpause soll der Abstimmung mit der Union dienen. Bis Ende des Jahres könnte dann ein Gesetz beschlossen werden. Grünen-Chefin Claudia Roth gibt die Hoffnung nicht auf, dass es zu einer Einigung mit der Union kommt: „Wir wünschen uns einen möglichst breiten Konsens“, sagte Roth der taz, „nicht zuletzt im Wissen, dass man den Bundesrat braucht.“

Wie weit sich die Koalition an die Empfehlungen der Süssmuth-Kommission halten wird, ist bislang offen. Unklar ist auch, ob die SPD auf die Forderung der Grünen eingehen wird, auch nichtstaatliche Verfolgung als Asylgrund zuzulassen. Roth will darauf nicht verzichten, aber „keine Bedingungen aufstellen, ohne zu wissen, was von den anderen kommt“.

Munter diskutiert werden die Zahlen der einzulassenden Migranten. Die Süssmuth-Kommission empfiehlt 40.000 Einwanderer pro Jahr. Rita Süssmuth sagte jedoch gestern, dass man „mittelfristig“ von einem weit höheren Arbeitskräftebedarf ausgehen müsse. Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller sagte dazu der taz, sie halte es für „kontraproduktiv, sich jetzt in einer Debatte über Zahlen zu verzetteln“. UWI/LKW

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