der trend geht zum mietsarg von RALF SOTSCHECK
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Es ist eine alte Weisheit, dass nicht mal der Tod umsonst ist. Er wird aber in Dublin künftig preiswerter. Die Erfinder des Pappsarges haben eine neue Idee: den Mietsarg. Die Dubliner Bestattungsfirma Rom Massey and Sons hatte bisher Billigsärge aus Presspappe angeboten, aber die Nachfrage war eher gering. „Es ist ein reiner Nischenmarkt“, sagt Firmensprecher Keith Massey, „nicht mal tot will man darin gesehen werden. Höchstens 20 Kunden im Jahr machen Gebrauch davon.“

Deshalb kam ihm die Idee, Edelholzkisten zu vermieten. Solch ein Sarg aus echter irischer Eiche würde normalerweise 2.500 Pfund kosten. Massey vermietet ihn für 170 Pfund. Dafür darf man ihn über Nacht behalten, wenn der Leichnam in der Kirche aufgebahrt wird. Zwar wäre es billiger, einen Rolls Royce für einen Tag zu mieten, aber der darf nicht in die Kirche. Und im Gegensatz zum Rolls Royce bleiben die Särge immer neuwertig, sagt Massey, weil die Toten nicht direkt darin liegen, sondern zuvor in eine billige Holzkiste, eine Art hölzerner Schlafsack für 120 Pfund, gesteckt werden. „Wenn die Totenfeier vorbei ist und die Trauergemeinde die Kapelle verlassen hat, nehmen wird den Billigsarg heraus und verbrennen ihn mit dem Toten. Das teure Stück hingegen behalten wir und vermieten es erneut.“

Das Angebot entspreche dem Verlangen der Öffentlichkeit nach einer preiswerten und umweltfreundlichen Alternative im Bereich der Leichenverbrennung, jubelt Keith Massey. Diese Dienstleistung sei gar nicht so merkwürdig, wie sie klinge, fügt er hinzu: „Die meisten Leute glauben ohnehin, dass der Sarg im Krematorium nicht mit verbrannt wird.“ Wird er vielleicht auch gar nicht. Wer steht schon daneben, wenn die Verwandtschaft in den Ofen geschoben wird?

Die Mietsärge werden bisher nur von einem Krematorium angenommen – Mount Jerome im Dubliner Stadtteil Harolds Cross. Durch einen glücklichen Zufall ist der Chef des Krematoriums Alan Massey, ein weiteres Mitglied des Begräbnisclans. Rom Massey and Sons gelten als „Ryanair der Begräbnisbranche“ – in Anspielung auf die Billigfluglinie, bei der der Service klein geschrieben wird. Beide Firmen legen Wert auf aggressive Werbung. Allerdings reagieren die Menschen unterschiedlich darauf. Wenn ihnen eine Broschüre einer Fluglinie ins Haus flattert, die eine billige Reise in den sonnigen Süden verspricht, ist das weniger beunruhigend, als wenn ein Begräbnisinstitut gemahnt, sich doch schon mal ein paar Gedanken über die letzte Reise zu machen.

Vielleicht können sich die beiden Unternehmen ja zusammentun. Da Ryanair an allen Ecken spart und ohne Radar fliegt, wie mir das Bodenpersonal auf dem Flughafen Luton glaubhaft versicherte, könnte die Fluggesellschaft ja Vielfliegerpunkte vergeben. Bei anderen Linien erhält man kostenlose Flüge oder Schalenkoffer, wenn man eine bestimmte Punktzahl erreicht hat. Ryanair könnte statt dessen einen Mietsarg ausloben. Slogan: „Mit jedem Ryanair-Flug kommen Sie Ihrem Sarg ein Stück näher.“