Neue Juniorprofs nerven die Professoren schon jetzt

Ab 2002 soll es junge und selbstständige „Juniorprofessoren“ geben. Bundestag beginnt Gesetzesberatung mit Expertenanhörung zur Habilitation

BERLIN taz ■ Eines haben die Juniorprofessoren jetzt schon geschafft: Angesichts der Aussicht, dass sich hierzulande bald 30-jährige Nachwuchswissenschaftler „Professor“ nennen dürfen, verliert der ach so ehrwürdige Stand völlig die Contenance. Bei der gestrigen Bundestagsanhörung über das von der rot-grünen Regierung geplante neue Dienstrecht für Professoren stritten die Alten Herren Hochschullehrer wie die Kesselflicker.

Dass die Professoren nervös sind, ist kein Wunder. Nach hundert Jahren garantierter Altersweisheit soll ihr Berufsstand in Deutschland radikal verjüngt werden – statt Anfang oder Mitte 40 sollen künftig die Endzwanziger und Thirtysomethings erstmalig Vorlesungen halten. Und dieser wissenschaftliche Nachwuchs soll auch eigenständig forschen und lehren dürfen, ohne sich mit 40 Jahren der Demütigung einer Habilitationsprüfung aussetzen zu müssen. So will es die Regierung, so will es praktisch die gesammte Science Community.

Aber ganz so unumstritten wie gedacht ist der Plan nicht. Das zeigte die Anhörung der Experten. Streitpunkt eins ist die Frage, ob der richtige, der ordentliche Professor, der künftig mit Mitte 30 berufen werden soll, vorher besser eine Juniorprofessur absolviert haben soll oder lieber die althergebrachte Habilitation. Das rot-grüne Reformgesetz zieht die Juniorprofessur (sechs Jahre) als Qualifikationsweg vor, und genau dagegen polemisierte Hartmut Schiedermair vom Hochschulverband, der Lobby der Universitätslehrer, also der Habilitierten.

Die Regierung schlage „de facto ein Habilitationsverbot“ vor, sie wolle die „Meisterprüfung für Professoren“ abschaffen, sagte Schiedermair und malte gleich mal den Teufel der Stümperei an die Wand. „Wären Sie alle bereit, sich von einem Juniorprofessor der Chirurgie operieren zu lassen, der noch nicht einmal seinen Facharzt hat?“ Ohne Habil wird man nicht Prof.

Der Jurist Hans Meyer, der den neuen Professorenstatus mit ausgearbeitet hat, widersprach dem energisch. „Die Verjüngung und Verselbstständigung des Nachwuches“, sagte der Staatsrechtler aus Frankfurt, „lässt sich mit der Habilitation nicht machen, das haben die letzten 50 Jahre gezeigt.“ Daher plädierte Meyer dafür, die Juniorprofessur künftig als den Königsweg zur Professur zu beschreiten.

Streitpunkt zwei sind die Kosten der Reform. Das neue Dienstrecht soll nämlich kostenneutral eingeführt werden, sprich: Es soll nicht mehr Geld kosten. Das fanden alle Anzuhörenden unsinnig, da war man sich einig von rechtsaußen Schiedermair bis linksaußen Thorsten Bultmann vom Bund demokratischer WissenschaftlerInnen.

Bei Streitpunkt drei schoss erneut Schiedermair den Vogel ab, diesmal als Populist. Er bezeichnete die Juniorprofessuren als „extrem frauenfeindlich“ – als ob sich Schiedermairs Hochschulverband je um Frauenförderung geschert hätte. Die anwesenden Frauen wiesen Schiedermairs Ansinnen freilich kühl zurück und forderten zweierlei: die Juniorprofessur, erstens, einzuführen und sie, zweitens, zu quotieren. CHRISTIAN FÜLLER