Der Notnagel der Münchner CSU

Hans Podiuk muss gegen Oberbürgermeister Christian Ude antreten, weil sich sonst keiner traut

BERLIN taz ■ Hans Podiuk muss erneut als Notnagel der Münchner CSU einspringen. Die Parteitagsdelegierten werden den 55 Jahre alten Zwei-Zentner-Mann heute Abend als Ersatzkandidaten für die Münchner Oberbürgermeisterwahl aufstellen.

Schon 1995 trat Podiuk binnen 48 Stunden an die Stelle des Stadtrat-Fraktionschefs Gerhard Bletschacher, als dieser ein Fall für die Justiz geworden war. Bletschacher hatte 4,8 Millionen Mark des gemeinnützigen Vereins „Stille Hilfe Südtirol“ in seine angeschlagene Käseschachtelfabrik gesteckt. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Betrugs zu drei Jahren Gefängnis. Nun fährt der ehemalige CSU-Fraktionschef Taxi, um für den Schaden aufzukommen.

Jetzt stieg der übermotivierte OB-Kandidat Aribert Wolf nur einen Monat nach seiner offiziellen Aufstellung aus, weil er mehr mit den eigenen CSU-Leuten zu kämpfen hatte als mit der SPD. Wolf brandmarkte nach seinem Rückzug die innerparteiliche Opposition gegen ihn als „unselige Krankheit, die in dieser Partei wuchert“. Intrigen gegen die eigenen Spitzenkandidaten gelten seit Jahren als Spezialität der Münchner Schützlinge von Edmund Stoiber. Der jetzige Bewerber Podiuk weiß, dass er eigentlich keine Chance hat, den populären SPD-Oberbürgermeister Christian Ude zu schlagen.

Als Ziel nennt der Pragmatiker Podiuk deshalb zuerst, dass die CSU bei der Kommunalwahl am 3. März 2002 erneut stärkste Fraktion im Rathaus wird. 1996 lag die bayerische Regierungspartei mit 37,9 Prozent nur mit einem halben Prozentpunkt vor der SPD, die mit den Grünen und Splitterparteien regiert. Bei der kommenden Wahl will die CSU so stark werden, dass es keine Koalition ohne sie geben kann.

Der Fraktionschef ließ sich nur widerwillig zum Kandidaten küren. „Das ist nicht mein Lebensmittelpunkt“, erklärt der Beamte, den das bayerische Umweltministerium seit 23 Jahren für seine Stadtratsarbeit freistellt. CSU-Chef Stoiber musste ihn mangels Alternativen erst überreden. Die Kultusministerin und Tochter von Franz Josef Strauß, Monika Hohlmeier, und Finanzminister Kurt Faltlhauser würden der CSU zwar wahrscheinlich viel mehr Stimmen bringen, aber beide Münchner lehnten ab, und Ministerpräsident Stoiber wollte sie auch nicht hergeben. Gegen Ude, der 1999 die satte Mehrheit von 61,2 Prozent erhielt, lassen sich die CSU-Minister nicht verschleißen. Die SPD nominierte ihren mitunter überheblichen Sympathieträger am Wochenende mit 145 von 148 Stimmen. Ude erwähnte seinen Gegenkandidaten bei dem Parteitag mit keinem Wort, nannte die CSU aber einen „von Provinzmief geprägten Intrigantenstadl“.

Podiuk unterscheidet sich inhaltlich nicht von seinem Vorgänger Wolf. Für das zurückgezogene CSU-Plakat, das der Stadt einen Schmusekurs gegenüber Terroristen vorwarf, entschuldigte sich Podiuk. Er selbst hatte als erster CSU-Mann der Stadtverwaltung vorgeworfen, sie zahle dem „Statthalter Bin Ladens in München“ Sozialhilfe. Auch am „Terror-Plakat“ war er als Wahlkampfleiter beteiligt.

Auch ihr neuer Slogan auf den Wahlkampftafeln missglückte den Christ-Sozialen. In Kinderschrift steht auf den neuen Plakaten: „Ich wünsche mir, daß Papi nicht immer so lange im Stau steht!“ Diesmal verstößt der Spruch immerhin nur gegen die Rechtschreibreform. OLIVER HINZ