Uneidliche Falschaussagen

Wieder gibt es ein neues Buch zur Vox-Kultserie „Ally McBeal“. Doch während den Drehbuchautoren immerhin noch neue Absurditäten einfallen, schreiben viele Sachbuchverfasser voneinander ab

von HARALD KELLER

Es gilt eine Neuerscheinung anzuzeigen zu der mittlerweile kultisch und zum Verdruss rechtschaffener Couchpotatoes gar von Feuilletonisten verehrten Fernsehserie „Ally McBeal“. Und im gleichen Atemzug muss sofort eine dringliche Warnung ausgesprochen werden.

Denn das Buch „Ally McBeal und andere Erfolgsserien von David E. Kelly“ ist das wohl am schlampigsten lektorierte Serienbegleitbuch, seit das Duo Christian Haderer und Wolfgang Bachschwöll in seinem verzichtbaren Buch „Kultserien im Fernsehen“ (Heyne) die Serie „Ausgerechnet Alaska“ nassforsch nach Kanada umsiedelte und auch sonst allerhand Krampf zurechtfabulierte. Thomas Höhl und Peter Osteried treten nun randscharf in die Fußstapfen jener beiden Gesellen, wenn sie bereits auf dem Buchumschlag den Urheber der in Rede stehenden Serie frech der „Kelly“-Familie zuschlagen, obgleich dieser gewiss aller Ehren werte Mann geburtsurkundlich doch Kelley heißt.

Zwar gelingt Höhl/Osteried in der zu den Serieninformationen hinführenden Biographie die korrekte Buchstabenfolge, dafür titeln sie aber Kelleys Debütfilm um zu „On The Hip“. Richtig wäre, wer wüsste es nicht, „From The Hip“. Auch simpeln die beiden fantasiebegabten Sachbuchverfasser einigermaßen kenntnisfrei über eine Serie namens „Boston Hope“, womit „Boston Public“ gemeint sein könnte. Reich ist ihr Buch an Bildern, aber arm an eigenständigen Gedanken, lässt sich aus ihren Zeilen doch ohne sonderliche Mühe Josh Levines 1999 im Verlag ECW Press erschienenes Werk „David E. Kelley. The Man Behind Ally McBeal“ herauslesen, während die Texte zur Serie recht ähnlich schon in dem gleichfalls bei Heel erschienenen Buch „Die Welt der zauberhaften Ally McBeal“ zu finden waren.

Nun ist es bei derartigen Themenstellungen nahezu unvermeidlich, sich auf Literatur US-amerikanischer Herkunft zu stützen, weil das Salär deutscher Sachbuchautoren, anders als millionenteure Propagandafeldzüge verschworener Verlegerbünde im Zuge der Auseinandersetzungen um die Urherberrechtsreform glauben machen wollen, sich im Almosenbereich bewegt und allenfalls mit der Monatskarte zu bewältigende Recherchereisen zulässt. Anstand und Kollegialität aber gebieten, die herangezogenen Quellen treulichst aufzuführen, eine schöne Gepflogenheit, die freilich oft missachtet wird, so zuletzt auch von Martin Compart in seinem das Thema TV-Serien nicht nur streifenden, daher durchaus zur Sache gehörenden Kompendium „Crime TV“ (Bertz).

Auf der Rückseite des weich gebundenen, vierfarbig gedruckten Großformatheftchens über Kelleys Ally aber steht geschrieben: „Außerdem stellen wir den Mann, der ‚Ally McBeal‘ schuf, ausführlich vor: Die Geschichte, Filme und Serien von Erfolgsproduzent David E. Kelley!“ Die Filme wirklich anzuschauen reichte wohl die Zeit nicht, denn zu „Schatten einer Liebe“ haben die Autoren gerade mal zwei Sätze zusammengestümpert, die der tatsächlichen Handlung ferner nicht sein könnten.

Vom Käufer werden als Gegenleistung für 160 großzügig bedruckte Seiten stolze 28,95 Mark erwartet, und wenn man aus all dem noch eine Quintessenz ziehen will, dann die, dass im Zuge des vorweihnachtlichen Erwerbszwangs wohl doch ein stapelweiser Abverkauf des Machwerks erfolgt sein dürfte.

T. Höhl/P. Osteried: „Ally McBeal und andere Erfolgsserien“. Heel Verl., Königswinter, 160 S., 14,80 € (28,95 DM)