Tierische Initiative

Rot-Grün plant nach dem Karlsruher Urteil zum Schächten neuen Anlauf, den Tierschutz ins Grundgesetz zu schreiben

FREIBURG taz ■ Noch in dieser Wahlperiode soll der Tierschutz im Grundgesetz verankert werden. Das kündigten die Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken (Grüne) und Marianne Klappert (SPD) an. Auch der Deutsche Tierschutzbund hat bereits eine entsprechende Kampagne gestartet. Sie reagierten damit auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das am Dienstag muslimischen Metzgern das betäubungslose Schlachten erlaubt hat.

Spätestens im Februar soll im Bundestag der Antrag eingebracht werden, den Tierschutz zum „Staatsziel“ zu erheben. Ergänzt werden soll Artikel 20a, der seit 1994 betont, dass der Staat die „natürlichen Lebensgrundlagen“ zu schützen hat. SPD und Grüne wollen hier die drei Worte „und die Tiere“ anfügen. Damit wären Gesetzgebung, Behörden und Gerichte bei allem Handeln zur Beachtung des Tierschutzes verpflichtet. Die Wirkung eines Staatszieles ist aber eher symbolischer Natur.

Der Kieler Umweltminister Klaus Müller (Grüne) glaubt jedoch, dass die Karlsruher Entscheidung im Streit um das Schächten „anders ausgesehen“ hätte, wenn der Tierschutz bereits im Grundgesetz verankert wäre. Das allerdings ist fraglich. Karlsruher Beobachter glauben, dass das Gericht auch nach einer Grundgesetzänderung nicht anders entscheiden würde. Schließlich hätte der Tierschutz, selbst wenn er in den Verfassungsrang befördert würde, nicht stets Vorrang, sondern müsste weiterhin gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit abgewogen werden. Im Falle des Schächtens hat Karlsruhe sogar festgestellt, es sei wissenschaftlich nicht einmal erwiesen, dass diese Schlachtart den Tieren mehr Leiden beschert als das Schlachten mit vorheriger Betäubung. Jedenfalls habe auch der islamische Schlachtritus, so das Gericht, den Tierschutz als Ziel und versuche jede Tierquälerei zu vermeiden.

Für Rot-Grün ist das Thema Tierschutz vor allem interessant, weil alle Parteien im Bundestag für die Verfassungsänderung sind – außer der CDU, die Nachteile für den Forschungsstandort Deutschland befürchtet. Zuletzt hat die Union im April 2000 eine Grundgesetzänderung verhindert. CHRISTIAN RATH