unterm strich
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Der amerikanische Juraprofessor Richard A. Posner hat es vorgemacht, und mit seinem Buch „Public Intellectuals: A Study of Decline“, einer Betrachtung über den Typus des Medienintellektuellen, in den Wissenschaftskreisen der USA für Wirbel gesorgt. Warum also nicht die Idee klauen und auf deutsche Verhältnisse übertragen und damit auch hierzulande hübsche Aufmerksamkeitsgewinne einstreichen, dachten sich wohl die klugen Köpfe hinter der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, kurz FAS. Wie schon Posner haben sie mit Hilfe einander ergänzender Suchmaschinen im Internet eine Liste der „100 wichtigsten deutschen Intellektuellen“ ermittelt, wofür allein die Medienpräsenz der Denker zum Maßstab erklärt wurde – anfechtbar, klar, aber dank elektronischer Datenbanken sekundenschnell zu ermitteln und superleicht, jedenfalls um ein Vielfaches einfacher als trockenes Fußnoten- oder Zitatezählen in wissenschaftlichen Werken oder mühsame Umfragen im Expertenkreis. Was die Häufigkeit der Erwähnungen in der Internetdatenbank Lexis-Nexis angeht, so fand die FAS den Kardinal Joseph Ratzinger „überraschend“ auf Platz vier wieder, noch vor den Schriftstellern Peter Handke und Hans Magnus Enzensberger. Gemessen wurde natürlich nur, wie oft diese sich zu Wort gemeldet haben oder um ihre Meinung gefragt wurden – nicht ob sie auch tatsächlich etwas zu sagen hatten. Angeführt werden die „Top Ten“, noch am ehesten erwartbar, vom Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der vor dem Philosophen Jürgen Habermas und dem Verleger Rudolf Augstein rangiert. Nach Joseph Ratzinger fallen laut FAS Peter Handke, Hans Magnus Enzensberger, Ulrich Beck, Christa Wolf, Martin Walser und Marcel Reich-Ranicki unter die zehn „wichtigsten deutschsprachigen Intellektuellen“. Und was ist mit Harald Schmidt? Und warum hat es nur eine Frau geschafft, Eingang in den erlesenen (sic!) Herrenklub zu finden?

In diesem Zusammenhang signifikant kommt da eine andere Meldung daher, auch aus Berlin. Dort hat eine prominente Jury, bestehend aus dem Exnationalspieler Lothar Matthäus, dem Exboxprofi Axel Schulz und dem Verleger Florian Langenscheidt, über die Wahl zur schönsten Frau Deutschlands entschieden: Das Trio kürte die 24-jährige Zahnarzthelferin Katrin Wrobel zur Miss Germany 2002. Verlagschef Langenscheidt lobte die Bewerberinnen als „selbstbewusste, moderne, junge Frauen“ und befand: „Die Zeiten des Friseusinnentyps sind vorbei.“ Gefragt ist heute also eher der Typ Zahnartzthelferin, zumindest von einem bestimmten Verlegertyp.