Änderung der Personalstruktur

betr.: „Habilitierte Versuchskaninchen“, taz vom 15. 2. 02

Die Frage ist, ob der Bundesgesetzgeber und Frau Bulmahn die richtige Adresse für Proteste und Forderungen sind. Wenn man auf der Veranstaltung gehört hat, mit welcher Arroganz FU-Präsident Gaehtgens und auch Herr Kocka vom WZB das Gespenst einer „neuen Entfristungswelle“ an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen an die Wand gemalt haben, muss man schon fragen, was sie damit eigentlich bezwecken.

Solange Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Beschäftigung von wissenschaftlichen MitarbeiterInnen überwiegend als unkalkulierbares Risiko ansehen, weil diese sich vielleicht dauerhaft einklagen könnten, ist in der Tat Hopfen und Malz verloren. Ohne grundlegende Änderung der Personalstruktur, vor allem in den Hochschulen, die auch eine dauerhafte wissenschaftliche Arbeit ermöglichen, ohne dass jemand Professor werden will, wird es nicht gehen. Das ist auch die Absicht des Gesetzgebers.

Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben sich viel zu lange in der bequemen Rechtslage eingerichtet, die es ihnen ermöglicht, Wissenschaftler/innen nahezu bis zum Rentenalter in Fristverträgen, unbezahlten Privatdozenturen, rechtlosen Lehraufträgen usw. zu halten. […] Selbstverständlich wirft die neue Rechtslage Probleme auf. Übergangsregelungen für die WissenschaftlerInnen, die im bisherigen System „groß geworden“ sind, sind notwendig. Probleme löst man aber nicht, indem man sich hinstellt und erklärt, wir lassen alles beim Alten. Das wirklich Besorgnis Erregende ist, dass die Ängste der Wissenschaftler/innen nun von denjenigen instrumentalisiert werden, denen die ganze Richtung nicht passt – den konservativen Professoren und deren Verbänden. Sie wittern die Gelegenheit, die Abschaffung der Habilitation vielleicht doch noch zu kippen, und geben sich als Interessenvertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen. Der Wissenschaftsbetrieb lebt von Mobilität und auch von Personalwechsel. […] MATTHIAS JÄHNE,

Hochschulreferent, GEW Berlin

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