Doppelte Mission

Innenminister Otto Schily gesteht ein, was alle ahnten: V-Leute horchten Verfassungsschützer für die NPD aus

BERLIN taz ■ Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) räumt Fehler in der Führung von Vertrauensleuten durch den Verfassungsschutz weiterhin nur bröckchenweise ein. Erstmals erklärte nun Schily offiziell, dass V-Leute des Verfassungsschutzes Informationen nicht nur aus der NPD an den Verfassungsschutz, sondern auch in umgekehrte Richtung geliefert haben. Dass die Verfassungsschützer dies nicht bemerkt hätten, nannte Schily „unerfreulich“; es sei aber nicht zu verhindern gewesen.

Die Oppositionsparteien im Bundestag sehen ihre Kritik am NPD-Verbotsverfahren vorm Bundesverfassungsgericht nun noch weiter bestätigt. „Mir war nicht bekannt, dass V-Leute als Doppelagenten tätig waren, auch nicht, dass Herr Schily davon wusste“, kritisierte CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach die Informationspolitik des Bundesinnenministers. Für Max Stadler, innenpolitischer Sprecher der FDP, wurde durch Schilys Eingeständnis die „Glaubhaftigkeit der Antragsteller ein weiteres Mal in Zweifel gezogen“. Der Liberale erneuerte seine Forderung, die V-Mann-Aussagen aufgrund „fehlender Seriosität“ aus den Verbotsanträgen von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat zu streichen.

Die innenpolitische Sprecherin der PDS, Ulla Jelpke, kritisierte, dass die V-Leute „klare Vorwarnungen an die Partei“ hätten geben können. Die Verfassungsschützer seien auch in Zukunft auf die Informationen von V-Leuten angewiesen, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz. Wie der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele schloss auch Wiefelspütz eine Gefährdung des Verbotsverfahrens durch die Doppelagenten aus.

Würden allerdings die Vorwürfe des baden-württembergischen Polizeigewerkschafters, Wolfgang Berberich, zutreffen, „sehe ich ganz, ganz schwarz für das Verfahren“, sagte Ströbele der taz. Berberich hatte mehrfach behauptet, verdeckte Ermittler hätten die Verfassungsfeindlichkeit der NPD befördert. Am 8. März will er seine Informationen gegenüber dem Landespolizeipräsidenten und dem Präsidenten des Landesverfassungsschutzes in Stuttgart präzisieren.

NADIA LEIHS