Grüne: Fristenregel ins Hochschulgesetz

Reinhard Loske will Wissenschaftlern Ängste nehmen. Mit Drittmitteln und Kompetenz länger als 12 Jahre forschen

„Die Befristung in der Lebensplanung von Wissenschaftlern macht keinen Sinn“

BERLIN taz ■ Die Grünen wollen das Hochschulrahmengesetz (HRG) sofort nachbessern. Bei einer Diskussion der Heinrich-Böll-Stiftung kritisierte Reinhard Loske, bildungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, die gerade in Kraft getretene Novelle des HRG: Dass Wissenschaftler wegen des Gesetzes Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssen, sei ein „nicht intendierter Nebeneffekt“.

Loske reichen die Übergangsregelungen für betroffene Wissenschaftler nicht aus. Die anstehende sechste Novellierung solle genutzt werden, um Befristungsgründe in das Gesetz aufzunehmen. Befristete Arbeitsverträge sollen – anders als bisher im HRG vorgesehen – länger als zwölf Jahre möglich sein. Dann nämlich, wenn Wissenschaftler erhebliche Drittmittel einwerben oder „spezifische Kenntnisse in Forschung und Lehre“ einbringen.

Damit widerspricht Loske den Plänen der SPD. Die will das neue HRG, das erst seit 23. Februar gilt, nicht verändern. Mit dem Gesetz wird die Juniorprofessur in Deutschland eingeführt. Und es regelt die Qualifikationsphase für Wissenschaftler an den Universitäten – durch die so genannte Zwölf-Jahres-Regel. Das neue HRG beschränkt dabei die Möglichkeit, wissenschaftliche Mitarbeiter und Hilfskräfte befristet einzustellen, prinzipiell auf eine Dauer von zwölf Jahren. Eine Weiterbeschäftigung ist danach nur noch nach dem allgemeinen Teilzeit- und Befristungsgesetz möglich. In der Praxis führt das dazu, dass tausende Wissenschaftler um ihre Jobs bangen, weil die Universitäten das Gesetz restriktiv auslegen.

Loskes Vorschlag traf die Zustimmung des akademischen Mittelbaus. Carola Sachse, als Max-Planck-Forscherin selbst von den Neuregelungen betroffen, sagte: Das neue HRG versuche Menschen zu schützen, die gar nicht geschützt werden wollen. Befristete Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftsbetrieb machten Sinn. „Die Befristung der Lebensplanung von Wissenschaftlern“, wie sie das neue HRG vorsehe, sei aber kontraproduktiv. Das Gesetz bestrafe so unkonventionelle Karrierewege, benachteilige vor allem Frauen und spreche den Wissenschaftlern das Recht ab, Unternehmer ihrer Arbeitskraft zu sein.

Karl-Heinrich Steinheimer von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di widersprach: Befristete Projektarbeit dürfe nicht zum Regelfall für die Beschäftigten im Wissenschaftsbetrieb werden. „Was wird aus dem 45-jährigen Wissenschaftler, der nach Auslaufen seines Projekts keinen Anschlussvertrag mehr bekommt?“, fragte Steinheimer.

Einig war man sich in der Diskussionsrunde, dass eine außergesetzliche Regelung am besten wäre – durch Tarifvertrag. Die Universitäten sollten mit ihren Beschäftigten eigenständig die Arbeitsverhältnisse aushandeln. So könnten sie auf die spezifischen Anforderungen des Wissenschaftsbetriebs eingehen. Doch hier blockiert die Tarifgemeinschaft der Länder, in der vornehmlich die Innenminister das Sagen haben. Ein eigener Tarif für die Wissenschaft wäre für sie nicht kostenneutral zu haben. Das aber, die Kostenneutralität, ist oberste Maßgabe des Bundesbildungsministeriums wie der Bundesländer. Denn hinter jedem Wissenschafts- und Kultusminister steht schließlich noch ein Finanzminister. TAZ