Die Sparschweine

Schwarz-Schills Etatentwurf: Erste Generaldebatte der Bürgerschaft nach dem Regierungswechsel  ■ Von Peter Ahrens und Sven-Michael Veit

Der Harmlose

Es sollte die Generalattacke werden am Tag 166 von Schwarz-Schill. Doch SPD-Fraktionschef Uwe Grund brachte es zur Eröffnung der Haushaltsdebatte in der Bürgerschaft nicht fertig, den Unmut zahlreicher Träger, Projekte und sozialer Einrichtungen mit Vehemenz ins Parlament zu tragen. Zwar bemühte sich Grund um starke Rhetorik, jedoch riss er vom Blatt ablesend selbst seine eigene Fraktion nicht mit. Er mühte sich ab, die Politik des Beust-Senats mit „schlechtem Theater“ zu vergleichen. Schill sei darin der „oberste Kulissenschieber“, sozial Schwache blieben „draussen vor der Tür“, und der Senat gebe mit seiner Umverteilungspolitik eine Neuauflage „der Räuber“. Vor allem den Regisseur hatte Grund im Visier: Bürgermeis-ter Von Beust sei abgetaucht, zeige keine Initiative und verhalte sich nach dem Motto „Warten auf Ole“. Von Beust habe den sozialen Frieden aufgekündigt, legte Grund nach und bilanzierte: „Hamburg braucht mehr als eine Laienspieltruppe.“

Der Schuldlose.

Michael Freytag fiel es leicht, mit Steinen zu werfen, ist er selbst doch frei von Schuld. Anders als Rot-Grün, anders als die SPD vor allem, die nach 44 Jahren „einen finanzpolitischen Scherbenhaufen hinterlassen“ habe. Die SPD habe, so der CDU-Fraktionschef, „das Haus in Brand gesteckt und ruft jetzt nach der Feuerwehr“, und das finde er „unseriös“. Schwarz-Schill hingegen trage keine Verantwortung für den „katastrophalen Schuldenberg“, welchen der Rechtssenat vorgefunden habe: „Diesen Schuh ziehen wir uns nicht an.“ Stattdessen würde, drohte Freytag an, weiter „strikt gespart“ und – dies das erste wirklich Neue – „die konsequente Privatisierung städtischer Immobilien und Unternehmen“ vorangetrieben. Eine Andeutung für ein weiteres Umsteuern in der Finanzpolitik: Das Verscherbeln städtischen Tafelsibers zum Stopfen von Etatlöchern hatte die CDU früher bei SPD-Senat stets massiv kritisert. Und Wirtschaftsenator Gunnar Uldall (CDU) hatte sich kürzlich noch dagegen ausgesprochen, Hamburgs HEW-Anteile im Wert von etwa 850 Millionen Euro abzustoßen. Sein Finanzkollege und Parteifreund Wolfgang Peiner, so lassen Freytags Worte ahnen, wird sich durchsetzen.

Die Bissige.

Streitlustig wie in fast vergessenen Zeiten warf sich Krista Sager in die Debatte und warf Schwarz-Schill alles vor, was ihr nicht passt. Das ist jede Menge. Ein „Bündnis aus neuem Egoismus, sozialer Rücksichtslosigkeit und Marktradikalismus“ herrsche in dieser Stadt, befand die grüne Fraktionschefin. „Und Sie, Herr von Beust“, griff Sager den Bürgermeister direkt an, „lassen die Schwächsten im Stich.“ Denn gekürzt werde nicht, um zu sparen, „sondern für den Politikwechsel“. Und der gehe ausschließlich zu Lasten der sozial Schwachen und der Frauen, „zu denen dieser Senat ein gestörtes Verhältnis“ habe. Zudem sei der Haushaltentwurf „unseriös und dilletantisch“, erklärte Sager, „denn er erhöht die Ausgaben und die Verschuldung und leis-tet keine Beitrag zur Konsolidierung“. Um dies zu verschleiern, würden „Unwahrheiten über Rot-Grün verbreitet“, wie Freytag dies wieder bewiesen habe: „Sie kannten die Höhe der Schulden“, hielt Sager ihm entgegen, „die war bekannt und nachzulesen“. Mit Häme zog Sager über die teuren Städtetrips bayerischer Polizisten her, für die Innensenator Ronald Schill berappe, und richtig genüsslich über den „völlig überforderten“ Bildungsenator Rudolf Lange (FDP). „Wenn dessen Dilletantismus die liberale Handschrift in dieser Koalition sein soll“, spottete Sager, würde wohl „Freiheit mit Chaos verwechselt.“

Die Klaquere

Auf Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf kann sich der Rechtsenat verlassen. Von ihm ist keine Andeutung von Selbstkritik zu erwarten, um so lieber schulmeisterte er an rot-grünen Versäumnissen herum. Schuld seien SPD und GAL an beinahe allem. Daran, dass es in Hamburg die meisten Millionäre gebe ebenso wie an „Kampfhunden und der Verdreckung der Grünanlagen.“ Nur für das schlechte Hamburger Wetter fand Frühauf keine rot-grüne Verantwortung. Ach ja, FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen stand auch am Rednerpult.

Der Unangefochtene

Angesichts der verpuffenden Attacken der Opposition war es für Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ein leichtes, das souveräne Stadtoberhaupt zu geben. Dem Auftritt Grunds attestierte er Elemente einer „Tragödie, mit der er Mitleid erregt“ habe. Und in Richtung Sager erkundigte er sich besorgt: „Warum sind Sie über all die Jahre nur so meckerig geworden?“ Ansonsten merkte er süffisant an, der von SPD und GAL so kritisierte Haushalt sei „zu 99,6 Prozent noch ihr Werk“, zudem vermisse er „jeden konstruktiven Vorschlag der Opposition“. Damit mogelte sich von Beust erfolgreich darum, zu seinen Sozialkürzungen auch nur ansatzweise Stellung nehmen zu müssen. Dafür kündigte er an, „die Stadt künftig an internationalen Anforderungen zu messen und nicht an denen von SPD-Kreisvorständen“ und drohte zum Schluss: „Wenn wir im nächsten Jahr unseren ersten echten eigenen Etat verabschieden, werden Sie dreimal so laut meckern – für mich das Signal, dass wir richtig liegen.“