Fährten der Waffenlobby

Der Spendenausschuss hat eine zentrale Figur des CDU-Finanzskandals befragt. Doch welcher Spur Karl-Heinz Schreibers nun folgen? Der „zwielichtigen Gestalt“ oder dem gut informierten Zeugen?

aus Berlin ULRIKE HERRMANN
und aus München OLIVER HINZ

Wie glaubwürdig ist der Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber – die Schlüsselfigur in der CDU-Spendenaffäre, die nun zwei Tage lang vom Spendenuntersuchungsausschusses des Bundestages befragt wurde? Die Meinungen gehen weit auseinander.

Der CDU-Obmann, Andreas Schmidt, hält Schreiber für „eine zwielichtige Gestalt“, die „überhaupt nicht glaubwürdig“ sei. Der Waffenhändler wolle nur die Auslieferung bis zur „absoluten Verjährung“ seiner Steuerbetrügereien verzögern.

Das sieht der SPD-Obmann Frank Hofmann nun aber ganz anders. Hämisch fragt er zurück, wieso denn diese „angeblich dubiose“ Gestalt noch CSU-Mitglied sei. Allerdings gibt auch der grüne Obmann Hans-Christian Ströbele zu, dass Schreibers Aussagen nur „mit Vorsicht zu genießen“ seien, sei er doch ein eindeutig „interessengeleiteter Zeuge“.

Trotzdem meinen die meisten Ausschussmitglieder, die nicht der Union angehören, dass sich die Reise nach Toronto gelohnt hat, um Schreiber zu befragen. Erneut hat er vor allem die CSU erheblich belastet. 1991 und 1992 hätte sie insgesamt 2 Millionen Mark an illegalen Spenden von einem Konto in der Schweiz erhalten. Und tatsächlich lässt sich der Abfluss von insgesamt sechs Tranchen in einer Höhe von 50.000 bis 430.000 Mark auch an den Kontounterlagen nachvollziehen. Allerdings ist bisher nicht belegt, dass das Geld tatsächlich an die CSU übergeben worden ist.

Aber muss ein Zeuge überhaupt Belege beibringen? Zumindest SPD und Grüne finden dies nicht nötig. Die Zeugenaussage selbst sei bereits ein Beweismittel, sie müsse vom Zeugen nicht auch noch bewiesen werden. „Schreiber hatte ja auch keine Belege für die Millionenspende an Walther Leisler Kiep – die fanden sich erst bei der CDU.“ Daher sei es Aufgabe des Ausschusses, die Schreiber-Aussagen mit anderen Indizien abzugleichen. „Und bisher gibt es nichts, was seiner Version widerspricht“, so der Ausschussvorsitzende Volker Neumann (SPD).

Abgesehen von diesen bisher unbekannten Großspenden an die CSU präzisierte Schreiber auch viele Details. So wollte der Ausschuss wissen, woher jene Million Mark stammt, die der Ex-CDU-Schatzmeister Kiep im August 1991 auf einem Schweizer Parkplatz erhalten hat. Es gehörte, so Schreiber, zu jenen „Provisionen“, die beim Export von 36 Thyssen-Spürpanzern nach Saudi-Arabien abgefallen sind. Aus genau den gleichen Quellen sei auch die 100.000-Mark-Spende an Wolfgang Schäuble geflossen. Allerdings seien es keine „Dankeschön-Spenden“ für das gelungene Fuchs-Geschäft gewesen, sondern „Erwartungsspenden“. Schreiber habe gehofft, damit das Bearhead-Projekt in Kanada zu befördern. Für einen Gesamtumfang von 360 Milliarden Mark sollten dort gepanzerte Fahrzeuge hergestellt werden – allerdings zerschlug sich das Vorhaben später. „An dem Projekt ist an sich nichts Ehrenrühiges“, stellte Volker Neumann klar. SPD und Grüne gehen davon aus, dass diese Angaben von Schreiber richtig sind, „sie passen ins Bild“. Schreiber gab auch an, dass Exkanzler Helmut Kohl von der Millionenspende an Kiep gewusst habe.

Insgesamt seien die Aussagen von Schreiber „wohl bedacht“, so Ströbele. „Sie begründen einen dringenden Verdacht, dem wir nachgehen müssen.“ Auch das sieht die Union ganz anders. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel erklärte in München: „Mit diesem Tag ist das Kapitel Schreiber für uns endgültig abgehakt.“ Die CSU werde keine weiteren Stellungnahmen dazu abgeben: „Wir sind fertig. Mir reicht es.“ Spätestens am 28. Mai geht es aber doch weiter, wenn Edmund Stoiber vor dem Untersuchungsausschuss aussagen muss.