Roma ohne Schutz

Innenminister Schily und seine Kollegen aus den Ländern beschließen „Rückführung“ ethnischer Minderheiten ins Kosovo. Roma protestieren

BREMERHAVEN taz ■ Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich gestern auf die Rückführung von ethnischen Minderheiten in das Kosovo verständigt. Das betrifft – neben Serben – vor allem verschiedene Romagruppen. Bei ihrer Frühjahrstagung in Bremerhaven erteilten die Innenminister einem dauerhaften Aufenthaltsrecht für die Bürgerkriegsflüchtlinge eine klare Absage. Sie gehen in ihrer gemeinsamen Erklärung davon aus, dass „die Voraussetzungen für eine zwangsweise Rückführung noch in diesem Jahr gegeben sein werden“. Duldungspapiere sollen ab sofort nur noch so lange verlängert werden, „bis die Rückführung möglich ist“.

Der Rückführungsbeschluss stößt außerhalb der Konferenzräume auf Widerstand: Bereits vorgestern haben vor dem Bremerhavener Kasernengelände, auf dem die Minister tagten, über 700 Roma aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Bremen gegen ihre drohende Ausweisung demonstriert. Sie konnten sich aber nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, so dass sich der Demonstrationszug teilte. Der Bremer Innensenator und derzeitige Vorsitzende der Innenminister-Konferenz Kuno Böse (CDU) empfing eine Delegation der „Roma und Sinti Union“, von der sich drei weitere Organisationen ausdrücklich nicht vertreten fühlten. Einig sind sich indes alle Gruppierungen, dass an eine Rückkehr nicht zu denken sei: Roma lebten im Kosovo in „geschlossenen Ghettos“, die sie nur unter Gefahr für Leib und Leben verlassen könnten, hieß es. Romavertreter forderten die im Dayton-Abkommen garantierte „Rückkehr in Sicherheit und Würde“ ein.

Die Innenminister unterstützen außerdem die verstärkte europaweite Polizeizusammenarbeit bei der Verfolgung „gewaltbereiter Demonstranten“. Sie sprachen sich für ein Konzept des Bundesinnenministeriums aus, das verbesserten polizeilichen Datenaustausch und grenzübergreifende Polizeieinsätze ermöglichen soll.

In Reaktion auf das Massaker in einem Erfurter Gymnasium regten die 17 Innenminister ferner an, die Straf- und Bußgeldvorschriften im Waffenrecht zu verschärfen, um die Bevölkerung besser vor „illegalen Waffen“ zu schützen. JAN KAHLCKE