Schäuble putzt für Stoiber aus

Ex-CDU-Chef leistet in Warschau Abbitte für Vorstoß zu Vertreibungsdekreten

FÜRTH/WARSCHAU taz/ ■ Mit seinen Äußerungen über die Vertreibungsdekrete hat CSU-Chef Edmund Stoiber nicht nur für Verstimmung in Polen gesorgt. Die CDU will die Debatte schleunigst beenden: Stoibers Vorstoß, er wolle sich im Fall eines Wahlsiegs „mit Nachdruck und vollem Herzen“ im Dialog mit Polen für die Aufhebung der Vertreibungsdekrete einsetzen, soll nun bloß ein Missverständnis gewesen sein. Wolfgang Schäuble, der in Stoibers Wahlkampfteam die Außen- und Europapolitik übernommen hat, erklärte in der Warschauer Gazeta Wyborcza: „Ich habe darüber mit Herrn Stoiber gesprochen und muss sagen, dass es zu einem Missverständnis gekommen ist.“ Der Ex-CDU-Chef betonte auch im Namen Stoibers: „Es ist nicht unsere Absicht, eine Debatte über die Vergangenheit aufs Neue zu beginnen. Wir wollen eine gute Zusammenarbeit.“ Schäuble erläuterte dies in Warschau auch Polens Ministerpräsident Leszek Miller. Ein Berater Millers sagte, der polnische Regierungschef habe sich gefreut, dass die CDU die Kontroverse um die Vertreibungsdekrete nicht weiterverfolgen wolle.

Stoiber ging auf das Thema beim CSU-Parteitag nicht ein. Bayerns Europaminister Reinhold Bocklet sagte der taz: „Das ist kein wahlkampfrelevantes Thema.“ Er zeigte sich überrascht, dass nach Recherchen von taz und Frankfurter Allgemeiner Zeitung das polnische Parlament die Bierut-Dekrete bereits vor Jahrzehnten aufhob. Polens Exbotschafter Janusz Reiter nannte Stoibers Vorstoß auch „eher ein Missverständnis“. Nur noch das Gesetz über die Nationalisierung der Wirtschaftssektoren von 1946 gelte weiter. Das betreffe aber Polen ebenso wie Deutsche. OLIVER HINZ