Smells like Hendl

Der Heimatfilm „Die Scheinheiligen“ steht auf bayerische Anarchie im Vor-Amigo-Stadium

Borniert sind sie, stur und verlogen. Zu jedem Machtmissbrauch bereit und zu jedem Verrat, eine Horde Turbokapitalisten im Namen des Herrn. Hocken zusammen in ihrem oberbayerischen Gemeinwesen, in dem jeder seinen Platz hat – der Pfarrer, der Bürgermeister, die zwei Polizisten, die alte Bäuerin. Miefiges Heimatfilmpersonal. Im Hintergrund atmet ein Bergmassiv gute Luft von der Leinwand.

Richtig gute Luft, die vor allem Johannes gehört, dem vagabundierenden Holzschnitzer. Wie seine Dorfmief-Heimatfilmkollegen trägt er Trachten-Janker und Lederhose, wie sie redet er breites, blumiges bayerisch ohne Untertitel. Aber seine Haare sind lang und sein Blick ist verwegen, unbeugsam, ein bayerischer Robin Hood. Die Polizisten von Daxenbrunn wollen ihm instinktsicher gleich die Einreise verweigern, aber Johannes ist furchtlos. Instinktsicher seinerseits zieht er ein bei der alten Bäuerin.

Was gut passt, denn die kann Unterstützung brauchen: Der Daxenbrunner Bürgermeister möchte ihren Grund, um eine Autobahnabfahrt zu bauen. Sein Ziel: Daxenbrunn als Grillstation. 12.000 Hendl am Tag für Fernfahrer, Pendler, Urlaubsverkehr. Die Bäuerin stellt sich quer. „Ois soll bleib’n, wia’s is.“ Nur den afrikanischen Asylbewerber, der zeitgleich mit Johannes im Dorf ankommt, den nimmt sie auch noch auf. Eine Kriegserklärung an die herrschende Klasse in Daxenbrunn.

Gut gegen Böse also, klare Fronten. Ein Konflikt wie Bayern, wenn es stimmt, dass die Bayern ihre Konflikte bei aller Verlogenheit möglichst direkt austragen. So direkt, dass es mit Worten nicht getan ist und eine Wirtshausschlägerei her muss. „Die Scheinheiligen“ wachsen sich aus zum Comic: Oberbayern und Gallien, Johannes und Asterix – deckungsgleich. Geradeaus und immer besorgt, dass der Schweinebraten kalt wird.

„Bayern, wie es wirklich ist!“ soll da laut Ankündigung zustande kommen, und Regisseur Thomas Kronthaler sucht die Wahrheit im Klischee. Das Nette daran ist: Er mag seine Pappenheimer. Anstatt sie für den schnellen Gag einzuspannen, freut er sich über die Anarchie der Polizisten, die kriminelle Energie des Pfarrers, die Obrigkeitshörigkeit des Bürgermeisters.

Nicht freuen kann er sich über die nächste Ebene, die Politiker im Landtag, die in Amigo-Manier an der Hendlstation mitstricken – und zuletzt verlieren. Der politisch korrekte Heimatfilm – übrigens Kronthalers Abschlussarbeit an der Münchner Filmhochschule – findet sein Happy End darin, dass tatsächlich „ois bleibt, wia’s is“.

Gewonnen hat letztendlich eine Bodenständigkeit, die sich nicht davon beeindrucken lässt, wenn der Laptop an der Lederhose baumelt. Gewonnen hat auch eine Regie, die eine berechenbare Geschichte zwar konventionell, aber mit viel (Sprach-)Witz und Charme erzählt. Klaus Irler

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