Langsam und tief pressen

Die richtige Technik für Thai-Massage lernt man am besten vor Ort – in Bangkok: Die Kombination von Yoga, Druckpunktmassage und Krankengymnastik ist harte Arbeit, die dennoch entspannt

von KLAUDIA PREVEZANOS

Der Rücken schmerzt, die Schultern sind verspannt, und sogar die Daumen tun weh. Was ich brauchen könnte, wäre eine gute Massage. Doch ich tue das Gegenteil, ich gebe eine. Porntida Tumnok, eigentlich meine Lehrerin, liegt entspannt auf dem Rücken ausgestreckt auf einer Matratze, ich knie neben ihrem rechten Bein und presse an drei vorgegebene Linien entlang.

„The Wat Po Thai Traditional Medical School“ in Bangkok ist die bekannteste Schule für Thai-Massage im Land. 1955 wurde sie gegründet, seit 1991 werden hier auch mehrtägige Kurse für Touristen angeboten. Bis zu 6.000 Studenten hat die Schule nach eigenen Angaben jedes Jahr, Tendenz steigend. Die Kombination von Yoga, Druckpunktmassage und Krankengymnastik stammt nach heutigem Wissensstand aus Indien und kam im 2. Jahrhundert vor Christus ins heutige Thailand, zusammen mit den Lehren Buddhas. Seitdem hatten siamesische Heilpraktiken und zum Teil chinesische Medizin Einfluss auf die östliche Technik. Die enge Verknüpfung von Buddhismus und Thai-Massage, bei der Muskeln entspannt, Gelenke gelockert und der Blutfluss beschleunigt werden, blieb jedoch erhalten: Traditionelle Massagen gelten noch immer als spirituelle Handlungen und werden erst seit einiger Zeit außerhalb von Tempeln angeboten. „Presse deine Daumen langsam und tief in den Muskel. Dann lasse genauso langsam wieder nach“, sagt Lehrerin Porntida. Und niemals auf Knochen oder Wirbelsäule drücken. Aus 141 Übungen besteht eine Ganzkörpermassage im Thai-Stil, die an den Füßen anfängt und aufhört. Anders als bei anderen Massagetechniken bleiben Massierter und Masseur bis auf die Schuhe bekleidet.

Bei einer Thai-Massage, die zwei Stunden dauern kann, werden nacheinander alle Gliedmaßen sowie Rücken und Schultern entlang vorgegebenen Linien – den Energiebahnen – mit beiden Daumen punktgenau massiert. Manchmal muss man dafür auch Ellbogen, Füße oder Knie einsetzen. Anschließend presst man mit einer Handfläche denselben Körperteil noch einmal rauf und runter. Füße, Beine und Arme des Massierten werden dabei teilweise in Yoga-Stellungen gebracht, die nur auf den ersten Blick kompliziert aussehen. Yoga für den faulen Mann wird Thai-Massage auch genannt, denn die ganze Arbeit leistet der Masseur oder die Masseurin.

Im L-förmigen Unterrichtssaal liegen rund zwei Dutzend mit Laken bezogene Matratzen auf dem Parkettboden. Darauf üben Schüler mit konzentriertem Gesichtsausdruck an ihren Lehrern oder anderen Teilnehmern. Die meisten Teilnehmer sind Thais oder Japaner. Sie wollen als Masseure anschließend Geld verdienen. „Vor allem in Japan ist unsere Massagetechnik sehr beliebt, es herrscht ein richtiger Boom“, weiß Porntida. Die übrigen Studenten aus Europa oder den USA – rund 15 Prozent – gönnen sich den Kurs hingegen zumeist zum Vergnügen.

In zwei nebeneinander liegenden Pavillons innerhalb der alten Tempelanlage von Wat Po mit dem berühmten liegenden Buddha können sich Besucher für 250 Baht (rund 6 Euro) eine Stunde lang massieren lassen. Hier erfahren auch viele Touristen von den mehrtägigen Kursen, die in einem etwas versteckten Gebäude außerhalb Wat Pos stattfinden.

Paare kommen nicht oft in die Schule, weiß Porntida Tumnok, die seit zwölf Jahren an der Schule von Wat Po unterrichtet. „Dabei kann ich das durchaus empfehlen.“ Weil eine gute Thai-Massage nicht nur für körperliches und seelisches Wohlbefinden sorgt, sondern auch ein sinnliches Erlebnis ist, kann sie auf die Libido anregend wirken. „Thai-Massage kann, muss aber nicht mit Erotik zu tun haben“, sagt Porntida weise. Egal aus welchem Grund man sie erlernen will: Jeder, der einigermaßen bei Kräften ist, kann einen Thai-Massagekurs besuchen. Für den Massierten gilt, dass er keine schwerwiegenden Erkrankungen oder Beschwerden haben sollte.

Als ich am letzten Kurstag mein Zertifikat mit Foto bekomme, weiß ich zudem: Es ist nicht nur entspannend, eine Thai-Massage zu bekommen, sondern auch eine zu geben. Das muss an den langsamen und rhythmischen Bewegungen liegen – und der dabei in Fluss gebrachten positiven Energie.

Die Wat Po Thai Traditional Medical School ist 365 Tage im Jahr geöffnet. Ein 30-Stunden-Kurs in Thai-Massage dauert fünf, sechs oder zehn Tage. Der Unterricht kann bereits am Tag nach der Anmeldung begonnen werden und findet vor- oder nachmittags statt. Kosten: 7.000 Baht (175 Euro). Weitere Kurse: Heil- und Therapiepunkte in der Thai-Massage (30 Stunden, 7.000 Baht) sowie Fußreflexzonenmassage (15 Stunden in drei oder fünf Tagen, 3.600 Baht)

Adresse: The Wat Po Thai Traditional Medical School, Maharaj Road, 392/25-28 Soi (Nebenstraße) Penphat 1, Pranakorn, Bangkok 10200, Thailand, Telefon (00 66) (0)2-21 36 86