Vierzehn bekannte Visagen

Es gilt das Prinzip „Proporz vor Sachverstand“: Der RBB wählt den Verwaltungsrat und die Findungskommission für die Intendanz. Hartmann Kleiner ist Verwaltungsratschef

Der neu gegründete Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) gewinnt langsam Konturen. Der Rundfunkrat, der sich im Dezember des vorigen Jahres konstituiert hatte, hat am Montagabend den aus sieben Mitgliedern bestehenden Verwaltungsrat und die Findungskommission für einen Intendanten gewählt. Hartmann Kleiner, der diesen Posten schon fünfzehn Jahre beim SFB versieht, wurde außerdem zum Vorsitzenden des Verwaltungsrates gewählt. Dieses Gremium ist quasi ein Aufsichtsrat. Es kontrolliert die Finanzen des RBB und wird die Dienstverträge mit der neuen Geschäftsleitung der Zweiländeranstalt aushandeln.

Allerdings bedurfte es eines knapp vierstündigen Wahlmarathons, bis der angestrebte Proporz, der gleichermaßen die Interessen der beiden Länder wie der Geschlechter berücksichtigt, endlich erreicht war. Auf der Strecke blieben dabei gleichwohl Signale für einen Aufbruch. Der Zwang zum Konsens, dem sich die Koalitionspartner in Berlin und Brandenburg verschrieben haben, sorgt bisweilen doch für Bredulljen. Soll die fusionierte Anstalt aus SFB und ORB wie geplant zum 1. Juni voll funktionsfähig sein, gilt es nämlich viele Interessen unter einen Hut zu bringen. So war klar, dass nach der Wahl eines „linken“ Rundfunkratsvorsitzes (Bertram Althausen, Bärbel Grygier) nun die Konservativen im Verwaltungsrat ein leichtes Übergewicht erhalten würden. Die Operation gelang – wenn auch mit kleinen Schönheitsfehlern. Am Ende der fünf Wahlgängen siegte nicht immer der Sachverstand: Brandenburgs ehemalige Oberfinanzpräsidentin Etta Schiller hatte trotz ausgewiesener Kompetenz – ähnlich wie der CDU-Dissident und ORB-Verwaltungsratsvorsitzende Markus Vette – keine Chance.

Schon im ersten Wahlgang wurde dafür der Immobilienkaufmann Wolf-Dieter Wolf in den Verwaltungsrat gewählt. Seine Kandidatur begründete er damit, dass er zwar von der Materie nichts verstehe („Zur Fusion fehlen mir die notwendigen Informationen“), dies aber gerne nachholen wolle. Als Qualifikationen führte er die Gewinnentwicklung seines Unternehmens („seit 1985 schwarze Zahlen“) und den Aufsichtsratsposten bei den Berliner Bäderbetrieben ins Feld. Insider vermuten hingegen, dass auch sein Engagement beim Golfclub in Bad Saarow („Mein Hobby“) für Wolfs Wahl gesprochen habe. Wer mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit und ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer die Eisen schwingt, darf sich offensichtlich einflussreicher Gönner von der IHK Berlin/Brandenburg (Werner Gegenbauer) bis zur SPD an der Spree (Fraktionschef Michael Müller) sicher sein.

Dem Ex-PDS-Geschäftsführer Dietmar Bartsch hingegen nutzte es wenig, dass er auf seine Meriten bei der Legalisierung des PDS-Vermögens verwies. Die Sozialisten dürften beim Poker um Einfluss und Posten auch weiter leer ausgehen – das Maximum scheint mit Bärbel Grygiers Vize-Posten im Rundfunkrat ausgeschöpft zu sein.

Das sonstige Personaltableau bewegt sich durchweg im Rahmen des Üblichen. Einzige Überraschung war die rasche Wahl von Emine Demirbüken, die einst dem Wahlkampfteam von Frank Steffel angehört hatte, in den Verwaltungsrat. Marianne Brinckmeier (SPD) ist Vorsitzende des SFB-Rundfunkrats. Für Kontinuität im RBB-Verwaltungsrat sorgen auch die in ORB-Gremien erprobten Angela Mai, Jutta Quoos und der Geschäftsführer der Brandenburger Lotto GmbH, Klaus Robert Walkenbach.

Auch bei der Wahl der Findungskommission für die Intendanz funktionierte die Konsensfabrik von SPD und CDU reibungslos. Die sieben Mitglieder wurden ohne Gegenstimmen gewählt. Neben dem Rundfunkratschef Bertram Althausen und dem Verwaltungsratsvorsitzenden Hartmann Kleiner dürfen Bärbel Grygier (PDS), Michael Müller (SPD), Burkhard Schöps (CDU), Karin Stemmler (Ver.di) und Friederike von Borstel (Landesfrauenrat) künftig in Ruhe die Bewerbungslage sichten und vorsortieren. Allzu große Hektik ist kaum angesagt, sodass man im Rundfunkrat schon mal heftig über eine Verlängerung der Frist (derzeit 31. Januar) beriet und sich offen ließ, ob nicht noch weitere Kandidat(inn)en für die Intendanz angesprochen werden. Auch wenn Werner Sonne vom ARD-Hauptstadtstudio schon seine Unterlagen eingereicht hat und mancherorts mit eigenwilligen Vorschlägen zur Radioreform überrascht, läuft derzeit noch alles auf den WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf als ersten RBB-Intendanten hinaus – die CDU in Berlin und Brandenburg wird sich das freilich einiges an Mitsprache bei der Wahl der Geschäftsführung kosten lassen, zumal sie über genug Gewicht in den Gremien verfügt. RAINER BRAUN